Dem eXXpress liegt das aktuelle Schreiben des Präsidenten der Präsidentenkonferenz der österreichischen Verwaltungsgerichte vor: Darin warnt Dr. Patrick Segalla, Präsident des niederösterreichischen Verwaltungsgerichts, vor einer gewaltigen Flut an Beschwerden gegen verhängte Strafen nach dem neuen Impfpflicht-Gesetz, das laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bereits am 1. Februar gelten soll.

So seien gemäß dem Verwaltungsgerichtspräsidenten die bisherigen Berechnungen der Bundesregierung fehlerhaft: Die türkis-grüne Koalition geht zwar ohnehin von zusätzlich 300.000 nötigen Arbeitsstunden für die Beamtenschaft der österreichischen Verwaltungsgerichte ab Beginn der Strafmaßnahmen aus, doch das sei nicht korrekt, meint Dr. Patrick Segalla in seiner Stellungnahme.

Der eXXpress hat die Stellungnahme der Verwaltungsgerichte

Bis zu einer Million Beschwerden gegen Impfpflicht-Strafen allein 2022?

Der Präsident in seinem Schreiben an den Gesundheitsminister wörtlich: “Auch die prognostizierte Zahl von 100.000 Beschwerdeverfahren bei angenommen 1.400.000 Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz erscheint deutlich zu niedrig angesetzt. Es ist vielmehr anzunehmen, dass ein Großteil aller von den Verwaltungsstrafbehörden (bis zu vier Mal im Jahr!) Bestraften sämtliche ihnen mögliche Rechtsschutzmöglichkeiten ausnutzen werden.”

Pro Beschwerde werden drei Stunden Bearbeitungszeit kalkuliert – es drohen dem österreichischen Steuerzahler somit zusätzliche Kosten von mindestens 300.000 Arbeitsstunden und maximal drei Millionen Arbeitsstunden, falls eine Million der 1,4 Millionen bestraften Impfpflicht-Verweigerer Beschwerden gegen die Bestrafung einlegen.

Die Kalkulation der Bundesregierung sei zu niedrig angesetzt.

Mindestens zusätzliche 180 Beamte für Impfpflicht-Strafen nötig

Der Präsident der Präsidentenkonferenz der Verwaltungsgerichte rechnet auch trocken vor, was alleine ein Mehraufwand von 100.000 Beschwerdeverfahren bedeuten würde: “Im Jahr 2022 geht das Gesundheitsministerium österreichweit von 100.000 Beschwerdeverfahren aus, deren zeitlicher Aufwand jeweils 3 Stunden betragen soll. Schon aufgrund dieser Annahme würde durch die Novelle ein Personalmehrbedarf von österreichweit 180 Vollzeitäquivalenten entstehen (Annahme: 1670 jährliche Arbeitsstunden pro VZÄ). Auch die Raumressourcen, insbesondere für die Durchführung mündlicher Verhandlungen, müssten erheblich ausgeweitet werden.”

Das hieße beim bestmöglichen Fall, dass die Einführung der Impfpflicht die Einstellung von mindestens 180 Vollzeit-Beamten erforderlich machen würde.

Schon im Best-Case-Szenario wäre die Neueinstellung von 180 Beamten nötig.

Verwaltungsgerichts-Präsident warnt vor "negativen Auswirkungen"

Abschließend warnt der Verwaltungsgerichts-Präsident in seinem Schreiben noch deutlich vor einem verfrühten Inkrafttreten des Impfpflichtgesetzes: “Angesichts der eingeschränkten Möglichkeiten, kurzfristig und nur vorübergehend die personellen Kapazitäten der Landesverwaltungsgerichte zu erhöhen, besteht aufgrund der dargelegten Dimensionen jedenfalls – wiewohl selbstverständliche alle Anstrengungen dazu unternommen werden würden – ein beträchtliches Risiko, dass diese Verfahren nicht zeitnah und nicht ohne erhebliche negative Auswirkungen auf die übrigen Aufgabenbereiche der Gerichte erledigt werden können.”

Vermutlich werden sich nicht wenige Österreicher nun die Frage stellen, warum der grüne Gesundheitsminister nicht vor der Verkündung des Starts des Impfpflichtgesetzes mit 1. Februar mit den Chefs der österreichischen Landesverwaltungsgerichte gesprochen hat.

Neue Schwierigkeiten mit dem Impfpflicht-Gesetz: