“Müssen jetzt Politiker und prominente Österreicher ihre Wohnungen immer perfekt zusammengeräumt haben, da sie ja ständig das Risiko haben könnten, dass die Staatsanwaltschaft zu einer Hausdurchsuchung auftaucht?”, fragt ein Wiener Top-Jurist, als er den Inhalt der Dokumentation der Razzia in der Wiener Wohnung der im aktuellen Polit-Krimi beschuldigten Meinungsforscherin Sabine Beinschab erfährt.

Der Akt mit diesen etwas irritierenden Details zum Zustand der Wohnung der Tatverdächtigen liegt der Aufdeckerplattform eu-infothek.com und dem eXXpress vor. Anwälte, die um ihre fachliche Einschätzung dieses Akts gebeten worden sind, wollen nicht namentlich erwähnt werden – die Juristen wollen nicht unter möglichen Folgen einer Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft leiden. Allerdings sagen sie im eXXpress-Gespräch über die detaillierte Darstellung des “chaotischen” Zustands der Wohnung der Tatverdächtigen: “Das sieht sehr nach einer bewussten Stimmungsmache gegen die Verdächtige aus. Das ist für eine Dokumentation einer Hausdurchsuchung zumindest sehr seltsam.”

Kritik: "Formulierungen erzeugen ein Bild"

Und ein Top-Jurist kommentiert die Nennung der Details aus dem Dossier zur Hausdurchsuchung bei Sabine Beinschab so: “Die Frage drängt sich auf, warum die Justiz diese junge Frau mit dieser unnötigen Beschreibung der Wohnung schlecht machen will?” Immerhin würde es niemanden der mehr als 50 Beschuldigten und deren Anwälten, die in diesem gewaltigen Akt Einsicht hätten, etwas angehen, ob die Wohnung einer Tatverdächtigen zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung am 6. Oktober um 6 Uhr früh tatsächlich aufgeräumt war. So schreibt der Staatsanwalt tatsächlich darüber, dass “Wäscheständer mit aufgehängter Wäsche zwischen Kleiderhaufen und mit ungeordneten Gegenständen übersäte Ablageflächen” zu sehen waren.

Die Vermutung der Rechtsexperten, warum dieser irritierende Akteninhalt vom Ermittler der WKStA bewusst so verfasst worden ist: “Vielleicht sollte hier eine Art Stigmatisierung stattfinden – die junge Frau sei chaotisch, hätte keinen Überblick über ihre Buchhaltung, et cetera. Die Formulierungen erzeugen jedenfalls ein ganz gewisses Bild.”

Ein Vorwurf fällt mit diesem Akt weg

Die detaillierte Beschreibung des Zustands der Wohnung der Tatverdächtigen könnte aber einen bisher immer wieder vorgebrachten Vorwurf massiv entkräften, argumentiert ein Wiener Rechtsanwalt: “Der Beschuldigten jetzt noch weiterhin vorzuhalten, dass sie kurz vor den Hausdurchsuchungen am 6. Oktober gewarnt war, ist somit absolut absurd. Wer würde die Wäscheständer herumstehen lassen, wer würde nicht zumindest etwas aufräumen, wenn man weiß, dass der Staatsanwalt um sechs Uhr morgens an der Wohnungstüre klingelt?”

Irritierend: Das schrieb der Staatsanwalt über die Hausdurchsuchung

Verdächtige entriss Kripobeamten nochmals ihr Mobiltelefon

Während der Hausdurchsuchung, die von 6.45 Uhr bis 11.45 Uhr gedauert hat, kam es dann auch noch zu einem seltsamen Zwischenfall, ist in diesem Dossier nachzulesen: Beinschab, die mehr als 30 Minuten nicht den an die Tür trommelnden Kriminalisten aufgemacht hat, entriss einem der Beamten wieder ihr Handy, das dieser bereits vor sich liegen hatte. Die Meinungsforscherin sperrte das Mobiltelefon erneut vor den Augen der Kripo-Beamten und verweigerte dann die Herausgabe des Sperrcodes . . .

Wie berichtet, war Sabine Beinschab dann auch eine Nacht lang in Haft. Dass ihr eine – wie viele Medien berichtet haben – “Kronzeugen-Regelung” angeboten worden wäre, halten Strafrechts-Anwälte für “absurd” und “Fakenews”: Die Demoskopin hätte “keine Chance”, einen derartigen Status zu bekommen – sie hätte “freiwillig und von sich aus” die möglichen Straftaten melden und dazu aussagen müssen.

Gegen sie ermittelt die WKStA: die Meinungsforscherin Sabine Beinschab (37)