Wegen schwerwiegender Wahlpannen hatte das Landesverfassungsgericht die Wahl des Landesparlaments vom September 2021 und die Bezirkswahlen für ungültig erklärt – und eine Wiederholung angeordnet. Damals hatten lange Warteschlangen vor Wahllokalen sowie fehlende, vertauschte oder kopierte Stimmzettel deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. Berichte über Unregelmäßigkeiten lagen am Sonntag bisher nicht vor.

Den Prognosen zufolge gewinnt die CDU bei der Wiederholungswahl deutlich hinzu und kommt auf 27,5 bis 28 Prozent (2021: 18,0 Prozent). Die SPD von Bürgermeisterin Franziska Giffey liegt bei 18 bis 18,5 Prozent (21,4), und steuert damit auf ein historisches Tief zu. Die Grünen landen bei 18 bis 18,5 Prozent (18,9). Die Linke rutscht leicht auf 12,5 bis 13 Prozent ab (14,1). Die AfD legt dagegen zu auf 9 Prozent der Wählerstimmen (8,0). Die FDP verliert den Prognosen zufolge leicht und muss mit 4,5 bis 5 Prozent fürchten, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern (7,1).

Linke Koalition möglicherweise trotz Verlusten fortgesetzt

Offen ist, ob sie ein Regierungsbündnis schmieden kann. SPD und Grüne hatten angedeutet, dass sie ihre Koalition mit der Linken auch im Fall eines CDU-Siegs fortsetzen wollen. Der rot-rot-grüne Senat könnte weiterregieren, entweder mit Giffey oder Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch an der Spitze. Ob es für eine Koalition der CDU mit der SPD reichen wird, ist noch offen, genauso wie die Frage, ob die FDP dann als Juniorpartner einer sogenannten Deutschland-Koalition zur Verfügung steht. Dazu müssen die Liberalen zunächst den Sprung in das Abgeordnetenhaus schaffen.

Traurige Gesichter bei der SPD: Die bisherige Bürgermeisterin Franziska Giffey gestand die Niederlage ein.APA/AFP/John MACDOUGALL

Die Bundes-CDU beanspruchte am Wahlabend das Amt des Berliner Bürgermeisters. “Berlin hat einen Neuanfang gewählt”, sagte Generalsekretär Mario Czaja im ZDF. Der Berliner CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner habe “einen klaren Regierungsauftrag”. “Die jetzige Regierung ist abgewählt.” Jeder Anstand verbiete es, dass die noch amtierende Regierung weitermache. Wegner kündigte an, SPD und Grüne zu Sondierungen einzuladen.

Giffey erkannte die Niederlage bei der Wahl unmittelbar nach Bekanntgabe der ersten Zahlen an. Offenkundig seien die Berliner unzufrieden gewesen, sagte die amtierende Bürgermeisterin. “Wir haben zusammen gekämpft.” Es habe aber nicht für den ersten Platz und womöglich auch nicht den zweiten Platz gereicht. Es gehe nun aber darum, eine stabile Mehrheit zu bilden.