Wenn ich morgen zu meiner Bank gehe, einen Kredit über 200.000 Euro möchte und die Frage, wann und wie und aus welchem Einkommen ich das zurückzahlen werde, nicht einigermaßen schlüssig beantworten kann, dann wird mich der Bankmensch vermutlich zuerst bitten, den Inhalt meines Schrankes auf die Vollzähligkeit der Tassen hin zu überprüfen und anschließend von der Security zum Ausgang begleiten lassen.

Interessanterweise gelingt der EU – genauer der Europäischen Kommission – diese Nummer gerade völlig problemlos. Um die Mitgliedsstaaten mit hunderten Milliarden an Corona-Hilfen in Form von geschenktem, nicht rückzahlbarem Geld zuzuschütten, nimmt die Kommission entsprechende Kredite auf, ohne bis jetzt auch nur halbwegs schlüssig erklären zu können, woher die Mittel für die Rückzahlung eigentlich kommen werden. Derzeit hat die Union ja keine Einnahmen, aus denen diese Schulden getilgt werden können.

Im richtigen Leben würde man so etwas wohl als fahrlässig bezeichnen; aber Brüssel darf das halt.

Klar ist nur, wer am Ende zahlen wird

Ich finde diese Vorgangsweise aus drei Gründen eher sehr problematisch.

Erstens, weil das viele geschenkte Geld aus Brüssel – allein Italien bekommt 200 Milliarden an Zuschüssen und Haftungen – ja letztlich nicht vom Himmel fallen, sondern vom Steuerzahler berappt werden wird, egal in welcher Form das letzten Endes durchgezogen wird. Und zwar wesentlich mehr vom deutschen oder österreichischen und wesentlich weniger vom italienischen oder spanischen. In Wahrheit findet also eine verdeckte Steuererhöhung in den solideren Staaten statt, um den Süden der Union durchzufüttern.

Das kann man für richtig finden – was ich nicht tue – aber dann muss man das dem Steuerzahler auch so sagen. Alles andere ist larifari.

Zweitens, weil sich die Wirtschaft in Europa schon wieder stark erholt und die vielen Milliarden aus dem „Corona“-Fonds viel zu spät kommen, zum Teil erst 2022 und 2023. Die dann hoffentlich wieder brummende Volkswirtschaft mit Geld auf Pump weiter anzuheizen, halte ich für eher kontraproduktiv.

Versprochen, gebrochen

Und drittens, weil trotz aller Versprechen, die von allen EU-Staaten gemeinsam geschulterten Corona-Kredite seien ein absoluter, einmaliger und nie, nie wieder kommender Einzelfall, natürlich überhaupt nicht glaubwürdig ist.

Irgend ein herausragender, einzigartiger und noch nie dagewesener Anlass, ganz ausnahmsweise gemeinsam Schulden aufzunehmen, wird sich immer finden. Wenn etwa nächsten Sommer an ein paar heißen Tagen wieder mal hysterisch über die „Welt in Flammen“ berichtet werden wird, wird das flott als Notfall argumentiert werden, der es notwendig macht, ausnahmsweise, und so weiter und so weiter.

Wir sind dann genau dort, wo wir nach allen europäischen Verträgen, Verabredungen und Versprechen nie sein dürfen: nämlich bei einer Vergemeinschaftung der Schulden innerhalb der EU.

Dieser Zug ist noch nicht ganz abgefahren, und es ist jetzt höchste Zeit, ihn am losfahren zu hindern. Zwar sind die Corona-Milliarden nicht mehr rückgängig zu machen – aber danach wäre es höchste Zeit eine rechtliche Möglichkeit zu suchen und vor allem auch zu finden, die eine Wiederholung dieses Sündenfalls felsenfest verhindert; komme da was wolle.

Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.