Ein Wiener Finanztrainer bot seinen Kunden heuer im April ein Seminar mit scheinbar wenig realitätsnahen Themenschwerpunkten an. Zu lernen war da, “Wie du enteignungsähnliche Maßnahmen frühzeitig erkennen kannst und dadurch rechtzeitig handeln kannst”, “Welche verschiedenen Möglichkeiten der Staat hat dein Vermögen anzugreifen und wie du dich gegen jede einzelne am besten schützt” oder auch „Was du gegen drohende Steuererhöhungen, Vermögenssteuern, Mietendeckel und Ähnliches unternehmen kannst”.
Ok, Steuererhöhungen drohen fast immer, aber gleich Enteignung? Kann es so etwas wirklich geben? Oder ist das nicht bloß Verfolgungswahn?

Geben Sie mir Ihr Eigentum, ich bin vom Staat

Richtige Antwort: Bloß weil man Paranoia hat, heisst das ja bekanntlich nicht, dass sie nicht hinter einem her sind.
Sollten Sie, geschätzte Leser, beispielsweise zu den gar nicht so wenigen Österreichern gehören, denen eine Wohnung oder ein Häuschen auf Mallorca oder einer anderen der hübschen Balearen-Inseln gehören, dann kennen sie das Problem mit jenen lokalen Einbrechern, denen es nicht um den Diebstahl von Wertgegenständen geht, sondern um das Bewohnen der Immobilie. Selbst wer gewaltsam in ein Objekt eingedrungen ist, kann nach spanischem Recht nur sehr mühsam wieder vom rechtmäßigen Eigentümer entfernt werden. In üblen Fällen dauert das auch schon mal zwei Jahre.
Doch jetzt droht Immobilienbesitzern auf den Balearen noch ein ganz anderer Typus von Einbrecher – der Staat.

Halbseidene „Gerechtigkeit“

Um der Wohnungsnot Herr zu werden (und populistisch Stimmen einzusammeln), plant die dortige Regionalregierung, Wohnungen, die längere Zeit leer stehen, auf vorerst sieben Jahre von Amts wegen zu vermieten, egal ob der rechtmäßige Eigentümer das will oder nicht. Der bekommt als Entschädigung einen Teil der Marktmiete ersetzt, ansonsten wird er de facto enteignet.
Damit der Aufschrei nicht all zu groß wird, gilt das – vorerst – nicht für Wohnungen im Besitz von Privatpersonen, sondern nur für Finanzunternehmen wie Banken oder Versicherungen und deren Immobilien. Aber die Geschichte lehrt uns: so fängt es immer an, und wenn die Gegenwehr nicht zu massiv ist, kommt im nächsten Schritt auch der ganz normale Besitzer einer Ferienwohnung dran.
“Es ist ein wichtiger Schritt, der es uns erlaubt, leerstehende Wohnungen der Spekulation zu entreißen und ihnen ihre gesellschaftliche Funktion zurückzugeben,“ begründet der Landesminister für Wohnen und Mobilität, Josep Marí, die teilweise Enteignung.

Das Grundbuch ist auch nur ein Stück Papier

Mit dem halbseidenen Argument, Wohnungen „ihrer gesellschaftlichen Funktion“ zurückgeben zu wollen, lässt sich jede Form von staatlich organisiertem Zugriff auf fremdes Vermögen argumentieren, ausreichend kriminelle Energie bei Enteigner vorausgesetzt.
Zu befürchten und anzunehmen ist: im Gefolge der Corona-Krise und ihrer epochalen Kosten werden derartige Maßnahmen nicht nur auf den Balearen zu einem populären Mittel der Politik werden. Dass Immobilien so heißen, weil sie nicht mobil sind und das Grundbuch letztlich auch nur ein Stück Papier ist (oder ein digitaler Datensatz) mussten frühere Generationen von Eigenheim-Besitzern auch schon schmerzhaft lernen.
Gegen den bisher üblichen Typ privater Einbrecher konnte man sich wenigstens noch mit einer guten Sicherheitsfirma halbwegs schützen. Wenn aber die größte aller Sicherheitsfirmen, der Staat, zu Einbrecher wird, dann haben wir ein Problem. Und zwar ein ziemliches.

Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.