Das vielleicht interessanteste an der morgigen Wahl des neuen ORF-Generaldirektors ist nicht, wer sich aller bewirbt, sondern wer sich aller nicht bewirbt. Denn obwohl es im deutschen Sprachraum nun wirklich keinen Mangel an spannenden, erfolgreichen und zukunftsfitten Medienmanagern gibt, hat sich genau niemand aus dieser Gruppe um den gut dotierten, noch immer extrem mächtigen und mit hohem Sozialprestige ausgestatteten Job auch nur beworben.

Zum Weinen: "Es ist kein Fehler, es ist System"

„Weil allen klar ist, dass der Job politisch ausgedealt wird,“ beschreibt Armin Wolf das Problem seines langjährigen Arbeitgebers durchaus zutreffend auf „Twitter“, „Es ist zum Weinen“
Bloß: wenn sich eine Führungskraft des ORF darüber beklagt, dass dort der Chef von der Politik bestimmt wird, dann ist das ungefähr so, als würde sich ein Kardinal darüber beklagen, dass der Papst immer erstens Katholik und zweitens ein Mann ist. Die Angelsachsen pflegen in solchen Fällen zu sagen: „It`s not a bug, it´s a feature“, also etwa „Es ist kein Fehler, es ist System“.

Warum der Wunsch nach der "Entpolitisierung" der großen Betriebe gut, aber weltfremd ist

Im Falle des ORF: weil die Anstalt dem Staat zwar nicht gehört, ihm aber de facto unterworfen ist, als wäre er der Eigentümer, bestimmt dort der Staat, wer wann was wird. Und der Staat wird in einer Demokratie nun einmal durch die ihn jeweils regierenden Parteien verkörpert; also bestimmen die letzten Endes, was Sache ist. Man kann das den Parteien nicht einmal vorwerfen – sie handeln, indem sie diese Macht nutzen, bloß legitim ihre Interessen wahrend.

Das gleiche Problem stellt sich ja nicht nur im ORF, sondern in der ganzen staatlichen oder staatsnahen Industrien oder in den zahllosen Betrieben und Unternehmungen der Länder und Gemeinden: sie alle haben die öffentlichen Hände als Eigentümer, und die werden nun mal von den jeweiligen politischen Parteien dargestellt.

Die Forderung, all diese Betriebe – genauso wie den ORF – zu „entpolitisieren“ klingt zwar gut, ist aber vollkommen weltfremd. Von Parteien zu verlangen, zu „entpolitisieren“ heißt vom Hund verlangen, den Wurstvorrat zu bewachen. Beides ist wider die Natur.

Der ORF "unentbehrlich"? - Nicht wirklich.

Deshalb sind auch die wehleidigen Klagen darüber, dass im ORF „Jobs politisch ausgedealt werden“ irgendwie sinnlos, solange daraus nicht der einzige denkmögliche Schluss gezogen wird: wer will, dass die Parteien dort keinen Einfluss mehr haben, muss den Staat aus seiner Eigentümerrolle zwingen. Nur wo der Staat nicht mehr Eigentümer oder de-facto-Eigentümer ist, haben die Parteien keine Möglichkeit mehr, ihre Vertrauensleute an den Schaltstellen zu installieren. Wer sich eine Entpolitisierung des ORF wünscht, muss dessen Privatisierung verlangen, alles andere macht logisch keinen Sinn.

Der nicht nur von ORF-Bediensteten vorgetragene Einwand, ein öffentlich-rechtlicher Senderkomplex sei aus demokratiepolitischen Gründen unentbehrlich, die Information des Souveräns könne nicht allein Privaten überlassen werden, ist eine reine Schutzbehauptung ohne Erdung in der Realität.
Wer etwa je am Sonntagabend „Im Zentrum“ angesehen hat, ein abgehaustes, miefig nach Staatsfunk riechendes und von tödlicher Langeweile geplagtes Diskussions-Format, dem offenbart sich auf der Stelle, wie überkommen der Distinktions-Anspruch der öffentlich-rechtlichen Sender ist – das können Private längst viel besser.

Die Daseinsberechtigung des öffentlich-rechtlichen TV

Wer nicht-privatem TV heute noch eine besondere Daseinsberechtigung zuweist, der könnte genauso gut die Herstellung von Brot und Milch, von Autos und Pillen, von Wohnungen und Wäsche zur Staatsaufgabe erklären, weil das alles ja für das menschliche Wohlergehen zumindest so wichtig ist wie die Produktion des nächsten Tatort. Das verlangt aber heute nicht einmal mehr die KPÖ, mit gutem Grunde.

Ein privatisierter, im Idealfall börsennotierter ORF mit breitem Streubesitz (am besten der Gebührenzahler, die zum Start eine Aktie pro Person gratis bekommen könnten) würde jedenfalls ein Problem mit absoluter Sicherheit lösen: um den Führungsjob dieser AG würden die besten Medienmanager des deutschen Sprachraumes rittern – und nicht so wie jetzt der Parteipolitik wegen wegschauen.
Und Armin Wolf könnte seine Tränen endlich trocknen.

Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.