Wenn wirklich stimmt, was mehrere wissenschaftliche Studien in den letzten Tagen nahelegten, dann hat die Regierung, insbesondere aber Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ein ziemliches Problem. Denn während noch nicht geklärt ist, ob die neue „Omicron“-Variante des Corona-Virus wirklich gefährlicher ist, scheint sich schon einigermaßen klar herauszukristallisieren, dass die bisherigen Impfstoffe eine Infektion deutlich weniger effizient verhindern als im Falle der anderen Varianten. Das heißt nicht, dass sie nicht vor schwerer Erkrankung und Tod schützen – aber offenbar halt weniger vor einer Ansteckung.

Für Mückstein, dem sein Vorgänger Rudi Anschober verdankt, nicht als schlechtester Gesundheitsminister der letzten Jahre in die Geschichte einzugehen, und der jüngst in der ZiB2 bewies, dass es nicht genügt, nichts zu sagen zu haben, sondern dass man es auch nicht gut ausdrücken muss, sind das außerordentlich schlechte Neuigkeiten. Denn der Minister muss nun aller Wahrscheinlichkeit nach den Wählern erklären, warum sie zu einer Impfung verpflichtet werden müssen, die eventuell nur schlecht gegen Ansteckungen hilft. Und die damit die Begründung für die Impfpflicht – die Ausbreitung des Virus einzudämmen und damit das Gesundheitssystem zu schützen – nicht gerade sehr glaubwürdig erscheinen lassen wird.

Mit Geschwurbel wird das Problem nicht zu lösen sein

Weil aber vermutlich zur Einführung der Impfpflicht noch nicht oder noch nicht ausreichend auf Omicron abgerichtete Booster zur Verfügung stehen, wird der Gesundheitsminister unter einen ganz erheblichen Erklärungsdruck kommen. Mit dem Geschwurbel von „breiter Expertenbasis“, „Einbindung möglichst vieler Gruppen“ und ähnlichen Worthülsen wird er dieses Problem eher nicht lösen können.

Nun muss man fairer Weise konzedieren, dass Herr Mückstein ja nichts dafür kann, dass uns nun eine neue Variante molestiert.

Sehr wohl aber ist er dafür (mit-)verantwortlich, dass die Kommunikation der Regierung in dieser schwierigen Zeit von erschreckender Unprofessionalität ist – und damit jenen in die Hände spielt, die Woche für Woche ihre teils berechtigten, teils vernunftbefreiten und teils widerwärtig aggressiv vorgetragenen Argumente und „Argumente“ auf die Straße tragen.

Mückstein ist damit letztlich auch ein Helfershelfer ausgerechnet der FPÖ geworden, die diese Gemengelage ebenso dreist wie politisch klug für sich zu nützten weiss. Dass die Partei nach all den Affären der letzten Jahre nicht am Friedhof der Ideengeschichte gelandet ist, sondern sich bei erstaunlichen 20% stabilisiert hat, ist sicher (auch) dieser Strategie geschuldet.

Mit wem geht Kickl da ins Bett?

Doch ob dieser Kurs des maximalen Übersteuerns, des Krawalls auf Kosten der Fakten, wie etwa bei Frau Belakowitsch-Jeneweins Behauptung, nicht die Ungeimpften, sondern die Impfgeschädigten seien Ursache der Überlastung der Krankenhäuser, langfristig Erfolg bringen kann – ganz zu schweigen von einer Regierungsbeteiligung – ist eher fraglich.

Ausgerechnet der langjährige FPÖ-Ideologe Andreas Mölzer bezweifelt das mit nachvollziehbaren Argumenten. „Kickl gelang es mit dem Corona-Kurs, die FPÖ quantitativ zu stabilisieren. Aber man muss sich fragen, mit wem man sich da ins Bett legt. Da sind viele sehr irrational denkende Personen mitbeteiligt und wenn ich das sehe, wird mir schwindelig. Die FPÖ stand immer für rationale und wissenschaftsaffine Herangehensweisen und das sollte sie auch jetzt,“ argumentiert er. „Eine Oppositionspartei hat immer das Recht und die Pflicht, die Regierungsmaßnahmen zu kritisieren, sie muss sogar für die Freiheitsrechte der Bürger eintreten. Ich habe aber meine Zweifel, ob sie legitimiert ist, pharmakologische und medizinische Dinge als Partei zu beurteilen. Unser Lager war in seiner knapp 170-jährigen Geschichte immer sehr wissenschaftsgläubig. Ich habe ein gewisses Unbehagen, wenn man sich jetzt in Richtung der wissenschaftsskeptischen Seite entwickelt.“ (Quelle: „Meinbezirk.at“, 8.12.2021)

Wir haben es hier mit einem wirklichen Leckerli für innerpolitische Gourmets zu tun: dass ausgerechnet der FPÖ-Chefideologe dem hilflos dahinstolpernden Grünen Gesundheitsminister, der von der FPÖ massiv attackiert wird, etwas Feuerschutz gibt, das ist nicht alle Tage zu beobachten.

Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.