Österreich kann mit Recht darauf stolz sein, einen Großteil seines Wohlstands dadurch zu erwirtschaften, Waren und Dienstleistungen rund um die Welt zu verkaufen, von Red-Bull-Dosen über hochspezialisierte Maschinen bis hin zu Glitzerglas aus Tirol.

Das zeigt nämlich hervorragend, wie wettbewerbsfähig unsere tüchtigen Unternehmer und deren genauso tüchtige Mitarbeiter in vielen Fällen sind, die weder die Konkurrenz aus China noch die aus den USA fürchten müssen.

Die spinnen, die Ösis?

Doch die Grundlage dieses Erfolgs ist natürlich, dass diese tüchtigen Unternehmen möglichst frei und unbehindert Handel mit dem Rest der Welt treiben können, also ihre tollen Produkte verkaufen dürfen, wo immer sie Kunden finden.

Umso erstaunlicher, um nicht zu sagen befremdlicher ist die jüngste Eurobarometer-Statistik, der zufolge die Ablehnung dieses Prinzips des »Freihandels« in Österreich wesentlich stärker ist als in allen anderen Staaten Europas (mit Ausnahme Frankreichs). Fast 25 Prozent der Bevölkerung stehen dem Freihandel negativ gegenüber, während in den meisten anderen EU-Staaten dieser Wert zwischen fünf und 25 Prozent liegt.

Das ist insofern bedenklich, als eine nicht eben kleine Gruppe der Österreicher genau jenes Prinzip ablehnt, auf dem unser Wohlstand basiert. Dabei geht es leider nicht um eine letztlich irrelevante Meinung, sondern natürlich auch um Politik. Denn wenn Politiker wissen, wie groß die Skepsis beim Thema Freihandel ist, werden sie natürlich auch ihre Politik danach ausrichten – und entsprechend handeln, tendenziell zum Nachteil des Freihandels und damit des Wohlstands.

Wer diese seltsame Skepsis der Bevölkerung verändern will, und das wäre dringend notwendig, wird zuerst herausfinden müssen, was eigentlich die Ursache dieser Haltung sein könnte.

Die teuflischen Drei

Ich vermute, wir haben es da mit einem Bündel von Ursachen zu tun, die zum Teil auch miteinander verwoben sind.

Erstens: Die seit Jahrzehnten vor allem, aber nicht nur von grünen Ideologen gepredigte Ablehnung der Globalisierung, also der Schwester des Freihandels. Die damit verbundene geradezu religiöse Verehrung des Lokalen, man könnte auch sagen des Provinziellen, also einer Welt, in der wir nur noch konsumieren dürfen, was in unmittelbarer Umgebung hergestellt oder geerntet wird, führt zu einer gedanklichen Selbstverzwergung. Wenn der eigene Kirchturm zum Zentrum der Welt wird, die am Horizont endet, wird dem Freihandel, der Bananen über Weltmeere verschifft, natürlich so skeptisch gegenüberstehen wie ein frommer Taliban der Regenbogenparade.

Kurioserweise ignoriert diese linksgrün fundierte Ablehnung des Freihandels, dass eben dieser die Bedingung dafür ist, dass weltweit Milliarden ärmerer Menschen zahllose Produkte billig kaufen können, was ohne Globalisierung nicht möglich wäre.

Zweitens: Die seit 2015 völlig aus dem Ruder gelaufene Massenzuwanderung von Menschen aus Nordafrika, dem Nahen Osten und aus Afghanistan nach Europa erzeugt bei vielen Menschen ein Gefühl der Entgrenzung, des schutzlos Ausgesetztseins, und damit verbunden der Hilflosigkeit. Das ist völlig nachvollziehbar und man darf sich nicht wundern, wenn bei diesen Menschen Sehnsucht und Bedürfnis nach »Grenzen« als zwingende Folge des politischen Versagens unserer Eliten in der Migrationsfrage entstehen. Auch wenn Globalisierung und Freihandel genau genommen nicht unbedingt direkt damit etwas zu tun haben, werden sie zu Opfern einer an sich sehr legitimen Sehnsucht nach Grenzen.

So gesehen dürfte es kein Zufall sein, dass Österreich nicht nur das Land ist, das pro Kopf die meisten Migranten aller EU-Staaten ausweist, sondern eben auch die stärkste Abneigung gegen den Freihandel.

 Drittens: Eine weitere Ursache des hiesigen ökonomischen Isolationismus dürfte sein, dass an den Schulen nach wie vor von vielen politisch eher links bzw. grün verorteten Lehrern Begriffe wie Kapitalismus, Globalisierung oder Profit behandelt werden, als stammten sie aus dem Wörterbuch des Teufels. Erfolgreicher Unternehmer wird man in diesem Lande noch immer trotz, aber nie wegen dessen, was in Schulen über Wirtschaft gelehrt wird.

Ein Problem, das leider dadurch nicht kleiner wird, dass auch viele Medien in diesem Sound über wirtschaftliche Themen berichten. Was etwa die Ö1-»Journal«-Sendungen manchmal in diesem Zusammenhang absondern, klingt, als hörte man den deutschsprachigen Dienst von Radio Havanna.

Good News, trotzdem

Ich fürchte, vor diesem Hintergrund ist es weniger überraschend, dass ein Viertel der Bevölkerung den Freihandel ablehnt, sondern eher, dass noch immer eine Mehrheit der Bevölkerung vernünftigerweise relativ immun zu sein scheint gegen diese Versuche, sie zu verblöden. Und auch darauf kann man ja ein bisschen stolz sein.