Deutschland, seit Jahrzehnten mit der eigenen Landesverteidigung auf finanziellem Kriegsfuß, nimmt plötzlich 100 Milliarden Euro in die Hand, um seine Bundeswehr zumindest halbwegs  fit für den Ernstfall zu machen. Das sind immerhin 100.000 mal eine Million Euro, selbst für das wohlhabende Deutschland ein ganz schöner Batzen Geld.

Die Schweiz wiederum, geografisch und auf Grund ihrer Neutralität Österreich nicht unähnlich, hat in einer Volksabstimmung für die Anschaffung von 35 hypermodernen Kampfflugzeugen vom Typ F-35 gestimmt, Kostenpunkt happige 6 Milliarden Schweizerfranken. Das blockfreie Finnland wiederum hat gleich 64 Exemplare des gleichen amerikanischen Kampfjets gekauft.

Unser Way of Live ist massiv bedroht

All das geschieht nicht aus Jux und Tollerei, oder weil die Spitzenmilitärs neues Spielzeug brauchen, sondern aus einer eher ungemütlichen Erkenntnis heraus: der Erkenntnis, dass Krieg in Europa wieder zu einer ganz furchtbar realen Möglichkeit geworden ist. Und Staaten genau zwei Möglichkeit haben, darauf zu reagieren: entweder militärisch so stark zu werden, dass es zu kostspielig wird, sie anzugreifen – oder letztlich die eigene staatliche Existenz fahrlässig aufs Spiel zu setzten.

Das gilt natürlich auch für Österreich. Doch die politischen Eliten des Landes – und zwar mehr oder weniger quer durch alle Parteien – verschließen sich diesem Gedanken bis heute weitest gehend.

Eine Haltung, die beim Wähler vermutlich beliebt ist, aber von tiefer Verantwortungslosigkeit zeugt. Wer nach dem unfassbaren russischen Überfall auf die Ukraine (und der zu befürchtenden Annexion Taiwans durch China) nicht begreift, dass letzten Endes ganz Europa und sein Way of Life bedroht sind, wie seit 1945 nicht mehr, der hat wirklich nichts kapiert und daher eigentlich auch in hohen Ämtern und Funktionen nichts zu suchen.

Neutralität ist lebensgefährlich

Gekippt ist schließlich mit dem Überfall auf die Ukraine auch die Vorstellung, Neutralität und Blockfreiheit seien irgendwelche Garanten für Sicherheit und Frieden.

Ganz im Gegenteil: einigermaßen sicher kann sich heute nur fühlen, wer Teil des mächtigsten Verteidigungsbündnisses der Welt ist, der NATO.

Man kann, auch wenn hypothetische Geschichtsforschung bekanntlich verpönt ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen: wäre die Ukraine vor zehn Jahren oder so der NATO beigetreten, hätten die Russen sie nicht anzugreifen gewagt. Das hätte dem ukrainischen Volk einiges an Leid erspart.

Jetzt sind Milliarden fällig

Ich bin fest überzeugt, dass Österreich aus all dem schnell, ohne zu zaudern und konsequent ein paar Schlüsse ziehen sollte.

Erstens: Möglichst zeitnah dem Nordatlantikpakt beitreten. Das ist sehr schnell erledigt und bringt der Republik ein deutlich höheres Maß an militärischer Sicherheit.

Zweitens, und durchaus im Zusammenhang damit: das Bundesheer so auszustatten,  wie es für die Armee eines wohlhabenden mittelgroßen Landes in der EU angemessen ist angesichts der neuen Bedrohung aus dem Osten. Nimmt man Deutschland zum Maßstab, bedeutete das etwa 10 Milliarden einmalig; angesichts des völlig abgehausten Zustand des Bundesheeres sind aber wohl eher 15 Milliarden realistisch. Dazu käme ein jährliches Militäretat von mindestens 2% der Wirtschaftsleistung, also etwa etwa 8 Milliarden pro Jahr statt derzeit knapp unter 3 Milliarden.

Sechs Milliarden gingen ja schon allein dafür drauf, würde man wie die Schweiz drei Dutzend moderner Kampfjets beischaffen. Und zwar nicht primär, um die Luftschlacht am Neusiedlersee zu schlagen – sondern um einen signifikanten Beitrag zur Verteidigung Europas im Baltikum, in Polen, Rumänien oder Bulgarien leisten zu können; so wie das die anderen Europäer ja heute schon tun.

Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln und entgegnen, dass dies ja unvorstellbar viel Geld sei, dann muss ich Ihnen entgegnen: ja, Sie haben recht. Aber angesichts der völlig neuen Weltlage gibt es keine anständige und redliche Alternative dazu; durchwursteln wie bisher ist nämlich keine Option für ein Gemeinwesen, das sich auch nur irgendwie ernst nehmen will.

Und dann muss man das ja auch ein wenig in Relation stellen: die Regierung hatte noch vor ein paar Wochen keinerlei Schwierigkeiten, Milliarden in Unfug a la Impflotterie zu verblasen.

Trotzdem, und auch das muss klar ausgesprochen werden: wenn der Staat künftig deutlich mehr für die Landesverteidigung ausgibt, wird er an anderer Stelle sparen müssen – bei Sozialleistungen, bei Subventionen, bei seine eigenen  Beamten, bei den Pensionen und vielen anderen Ausgaben. Wir werden wieder lernen müssen, Verzicht zu üben.

Denn lernen wir das nicht und weigern uns, die gewohnte Komfortzone für ein paar Jahre zu verlassen, kann es uns passieren, dass wir mehr als den Komfort verlieren: unsere Freiheit.