Dass die Österreicherinnen und Österreicher nicht gerade zu den glühenden Anhängern der freie Marktwirtschaft, des Wettbewerbs und der kapitalistischen Ordnung sind, ist ein ebenso bedauernswerter wie bekannter Sachverhalt. Der starke Staat, der den Untertanen von der Wiege bis zur Bahre fürsorglich betreut wird hierzulande meist nicht als Zumutung, sondern als Menschenrecht verstanden.

Und trotzdem ist einigermaßen alarmierend, was jüngst eine seriöse Meinungsumfrage in 14 europäische Staaten zu diesem Thema ergeben hat, publiziert im dieser Tage erschienen Buch „Die 10 Irrtümer der Anti-Kapitalisten“ des deutschen Soziologen und Bestsellerautors Rainer Zitelmann. Demnach ist die Kapitalismus-Skepsis in Österreich extrem hoch; nur in Frankreich ist sie sogar noch etwas stärker ausgeprägt. (Der Exxpress berichtete.)

Was wir von Polen lernen können

Alle anderen Staaten stehen der Marktwirtschaft deutlich freundlicher gegenüber, an erster Stelle übrigens Polen. Was kein großes Wunder ist; haben die Polen doch in der weiteren Vergangenheit erlebt, wie elend es im Sozialismus zugeht, und in der jüngeren Vergangenheit, wie viel Wohlstand der Kapitalismus gebracht hat.

Dass die freie Marktwirtschaft in Österreich so wenig verwurzelt ist und von der Bevölkerung eher geringgeschätzt wird, ist leider nicht allein eine akademische Frage ohne Auswirkungen auf das wirkliche Leben der Menschen.

Ganz im Gegenteil. Weil Politik, heute mehr denn je zuvor, von den Stimmungslagen der Bevölkerung angetrieben wird, führen kapitalismuskritische Grundeistellungen zwangsläufig zu einer Politik die das irgendwie berücksichtigt und übernimmt. „Hier zieht mein Volk, ich muss ihm nach, ich bin sein Führer“ hat zwar schon im 19.Jahrhundert der Franzose Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord gespottet, doch die hiesigen Spitzenpolitiker sehen das nicht viel anders.

Wir bewegen uns, aber in die falsche Richtung

Und genau deswegen ist die kapitalismuskritische Grundbefindlichkeit des Landes so ein enormes Problem. Denn sie führt dazu, dass die sämtliche längst notwendigen Befreiung der Bürger und der Unternehmen von staatlicher Bevormundung nicht und nicht vorankommen, weil das einfach kein brennendes Anliegen der meisten Wähler ist . Statt dessen wird dem Staat eher noch mehr als bisher zugebilligt, für alles und jedes Zuständigkeiten an sich zu ziehen. Wir bewegen uns nicht in Richtung „mehr Markt und mehr Wettbewerb wagen“, sondern in die falsche Richtung „mehr Staat, weniger Kapitalismus“.

Das ist in der Geschichte noch nie gut gegangen; warum es diesmal gut gehen sollte, konnte mir noch niemand erklären.

Den Schaden haben Kunden und Arbeitnehmer

Sichtbar und spürbar wird das auf allen Ebnen. Von Brüssel, wo unter dem Vorwand des Klimaschutzes gerade eine ganze neue Bürokratie zur Überwachung und Bewertung von Unternehmen nach ihrer Klimaverträglichkeit und in der Zukunft wohl auch ihrer sozialen Angepasstheit entsteht; aber im Kleinen auch in Wien, wo innovative Unternehmen wie Uber regulatorisch erdrosselt werden und der seit Jahren einzige am Sonntag geöffnete City-Supermarkt am Neuen Markt seit zwei Wochen den Großteil seiner Regale wieder verbarrikadieren muss.

Den Schaden haben Kunden wie Arbeitnehmer. Erstere, weil sie letztlich höhere Preise zahlen müssen und weniger Wahlfreiheit haben, letztere , weil diese bürokratischen Hemmnisse natürlich Jobs kosten.

Gelingt es nicht, mehr Menschen davon zu überzeugen, dass mehr Markt, mehr Wettbewerb, mehr Kapitalismus letztlich in ihrem eigenen Interesse sind, wird der antikapitalistische Rucksack die Wirtschaft weiter daran hindern, ihre Potentiale zu auszuschöpfen, wie das theoretisch möglich wäre, und damit zusätzlichen Wohlstand zu schaffen.

Gerade nach der Corona-Krise, die uns nicht eben wenig Wohlstand gekostet hat, wäre das mehr als notwendig.