Ein paar Zeitungsmeldungen aus den letzten Tagen, bunt gemischt und scheinbar ohne Zusammenhang: In Österreich schließt das Thermalbad von Bad Vöslau am vergangenen Freitag Männer von einem Teil seiner Liegewiesen aus, als wären wir nicht in Niederösterreich, sondern in Saudi-Arabien; gleichzeitig herrscht rundum Empörung über die harte Geschlechtertrennung der Taliban in Afghanistan.

Dort, so erfahren wir, hat die deutsche Bundesregierung zur Zeit des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr heldenhaft versucht, das größte aller dortigen Probleme zu lösen, nämlich den Mangel an gendergerechter Sprache. „Das Gender-Mainstreaming Vorhaben im Auftrag der Bundesregierung umfasst ein Volumen von 3,2 Mio. Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren“, lesen wir da unlängst. Leider dürfte auch dies die Taliban nicht ausreichend davon überzeugt haben, sich auf Gender-Beauftragte umschulen zu lassen. Dafür, so erfahren wir weiter, haben die Westmächte zwar nur wenige ihrer einheimischen Helfer ausgeflogen, dafür aber jede Menge Afghanen, die sich irgendwie einen Platz im Evakuierungsflieger erschleichen, erkaufen oder sonst wie organisieren konnten, plus ein paar Abgeschobene und afghanische Asylanten auf Heimaturlaub. „Wen haben wir da eigentlich gerettet?“ fragte, nicht ganz unberechtigt, die „Bild“-Zeitung.

Wenn lackierte Fingernägel Sorgen bereiten

Schwenk in die USA. „Eine amerikanische Professorin mit befristeter Anstellung bot ein Lehrmodul über Neurobiologie und Autismus an. Eine aktivistische Studentin griff sie wegen Marginalisierung von autistischen Personen an. Die Professorin zog das Lehrangebot zurück,“ berichtet die NZZ, nicht aus einer selbstverwalteten Klapsmühle, sondern einer richtigen Universität. Eine deutsche Uni wiederum schreibt die Stelle eines Antirassismus-Beauftragten aus, schließt aber Weiße von dem Job aus.

Bemerkenswert auch, was dieser Tage in der Wiener Stadtzeitung „Falter“ zu lesen war. „Anfang Juli hat mir eine Freundin zum ersten Mal mit einem blau-grauen Nagellack meine Fingernägel gestrichen“ berichtete da ein volljähriger Redakteur des Blattes, „Ich muss zugeben, ich war davor ziemlich aufgeregt, ich musste mich ein wenig überwinden. Wird mich auf der Straße jemand drauf ansprechen? Oder blöd anmachen? Werde ich im seriösen Berufsalltag vielleicht weniger ernst genommen?“ – Eine in der Tat nicht ganz unberechtigte Frage.

Es steht nicht gut um unsere Gesellschaften

Und was haben all diese Episoden jetzt bitte miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nichts außer einem gewissen Unterhaltungswert, falls man auf dergleichen Humor steht. Bei genauerer Betrachtung jedoch zeigen uns Meldungen wie diese – und hunderte andere, die uns Tag für Tag erreichen an, wie es um unsere Gesellschaften steht. (Spoiler: nicht wirklich gut.)

Sichtbar wird hier viel mehr eine für Kulturen im Herbst ihrer Entwicklung charakteristische Unfähigkeit, sich selbst zumindest einigermaßen ernst zu nehmen, bestimmte Mindeststandards an sich anzulegen, die besser nicht unterschritten werden; eine lustvolle Neigung, überproportionales Verständnis die völlige Zersplitterung einer Gesellschaft in teils skurrile Neigungsgruppen; und schließlich eine weitgehende Abwesenheit von klaren Zielen und einem Plan, sie zu erreichen, auch wenn Probleme auftauchen.

Man nimmt uns nicht mehr ernst

Wirtschaftliche Stagnation, die bloß durch die massive Geldfälschungs-Politik der Notenbanken zugedeckt wird, zunehmende Unfähigkeit, unsere nationalen Interessen global durchzusetzen – nicht nur in Afghanistan – sind die Folge. Mehr noch: wir im Westen machen uns in den Augen der Chinesen, aber auch der Russen und vieler muslimsicher Staaten zunehmend lächerlich. Was uns als Gipfel der Toleranz, der Individualismus, der Humanität und der zivilisatorischen Leistung erscheint, wirkt auf den Rest zunehmend wie eine Irrenanstalt, deren Leitung von den Insassen übernommen worden ist. Die nehmen uns einfach nicht mehr so richtig ernst. Man muss das verstehen.

Ok, ältere Männer haben die Welt wahrscheinlich immer aus dieser Perspektive gesehen und kritisiert – aber deswegen muß der Befund ja nicht unbedingt falsch sein. So, und jetzt ist Schluss, jetzt geh ich mir die Fingernägel lackieren.

Mit Christian Ortner (62) ist die kräftige Stimme des „Zentralorgans des Neoliberalismus“ (Ortners Online-Forum) beim eXXpress zu hören. Ortner lässt keinen kalt. So kompromisslos wie sein Einsatz für freie Märkte und freie Menschen ist auch seine Auseinandersetzung mit den „Sozialisten in allen Parteien“ (F.A.v.Hayek). Er verschont keinen. Ob es nun die EU und das Fiasko bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe, oder staatliche Eingriffe aller Art in die Wirtschaft sind. In der Vergangenheit war Ortner Wirtschaftsredakteur beim Nachrichtenmagazin profil, Chefredakteur der Wochenpresse, Herausgeber und Chefredakteur der WirtschaftsWoche Österreich und Herausgeber sowie Chefredakteur von Format.