Nehmen wir einmal an, ein böser, neoliberaler ÖVP-Finanzminister würde morgen erklären, zur Sanierung des Budgets sei eine einmalige Steuer von 6% auf alle Sparguthaben notwendig, die allenfalls auch nächstes oder übernächstes Jahr wiederholt werden müsse; und zusätzlich würden heuer auch alle Löhne, Gehälter und Pensionen mit einem Aufschlag zur Lohnsteuer in dieser Höhe belastet werden.

Wir können uns gut vorstellen, was das auslösen würde: einen politischen Aufstand, den die Republik so noch nicht gesehen hat gegen die massive Enteignung und Verarmung der Bevölkerung.

Wir haben schon eine Vermögensteuer

Genau das passiert aber derzeit in Gestalt einer Inflation, die genau diesen Effekt hat. Vor allem für die unteren und mittleren sozialen Schichten, die kaum über Sachbesitz wie Aktien oder Immobilien verfügen, sondern traditionell sparen.

Um so erstaunlicher ist, dass vor allem Ökonomen, die politisch eher links zu verorten sind, diese schon lange absehbare Massenenteignung zuerst bestritten haben und nun nonchalant beiseite schieben.

„Fürchtet euch nicht vor Inflation!“, meinte etwa noch im Mai 2021 der deutsche Ökonom Marcel Fratzscher, Chef des SPD-nahen „Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW)“; der US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stieglitz trompetet etwa zeitgleich „Die Inflation ist meine geringste Sorge“, „Keine Angst vor Inflation“ bekundete auch hierzulande die notorische Barbara Blaha vom hiesigen linken „Momentum“-Institut.

Warum Linke falsch liegen

Dass linke Ökonomen so katastrophal daneben lagen, ist kein Zufall, sondern falschen ökonomischen Annahmen geschuldet. Wer nämlich allen Ernstes meint, man könne beliebig Geld drucken, ohne sich eine massive Inflation einzuhandeln, darf sich nicht wundern, wenn er oder sie den Preis-Tsunami nicht sehen kann, selbst wenn er schon da ist.

Leider führen die Erklärungen, die nun aus dieser Ecke kommen, noch weiter in die Irre.

Die Inflation, die sie noch vor einem Jahr bestritten hatten, sei zwar nun einmal da, hören wir jetzt, aber sie seien bloß eine Folge des Ukraine-Kriegs und der dadurch ausgelösten Preisexplosion bei Gas, Öl und Strom, die nun alles verteuern würde.

Das mag zwar eine gewisse Rolle spielen – doch als umfassende Erklärung taugt das kaum. Denn erstens, und das ist wichtig, stieg die Inflation ja schon ungefähr ein Jahr vor Kriegsbeginn stark an, „Putins Inflation“ kann es da aber nicht gewesen sein. Und zweitens ignoriert diese Erklärung völlig, dass etwa die Schweiz, die genauso von steigenden Energiepreisen betroffen ist, aber nicht der grottenschlechten EZB-Politik unterworfen ist, mit 2% gerade ein Drittel der Euro-Inflationsrate ausweist.

Zuschauen, wie das Geld verschwindet

Leider haben wir es hier nicht mit einer bloßen akademischen Debatte zu tun, die nur ein paar Professoren interessiert, sondern mit dem ökonomischen Schicksal aller Menschen, die Euros halten. Solange die leider tonangebenden Ökonomen in Europa und in der EZB, die nach wie vor den Zusammenhang zwischen Gelddrucken und Massenenteignung und Verarmung breiter sozialer Schichten bestreiten, nicht die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen, werden die Europäer weiter hilflos zusehen müssen, wie ihr Geld verschwindet.