Die Frage ist grundsätzlich nicht ganz uninteressant: Wer würde eigentlich in unserem Land stärkste Partei werden und damit, jedenfalls den Usancen entsprechend, den Bundeskanzler stellen, würde demnächst gewählt?

Mischen wir alle derzeit bekannten, mehr oder weniger seriösen Umfragen zusammen, würzen sie mit einem Schuss gesundem Misstrauen und schmecken mit etwas politischer Lebenserfahrung ab, ergibt sich ein relativ klares Bild: ÖVP, SPÖ und FPÖ sind ungefähr gleich stark. Jede dieser Parteien könnte bei Neuwahlen als Nummer eins obsiegen und das Kanzleramt für sich reklamieren – auch die FPÖ, mit kaum geringeren Chancen als Sozialdemokraten und Volkspartei.

Ibiza, wie bitte?

Das ist insofern auffällig, als ja die FPÖ vor drei Jahren, also nach der sogenannten »Ibiza-Affäre«, von allen Politikexperten einhellig für klinisch tot erklärt worden ist, Leitartikler und Kolumnisten seitenlange Totenscheine ausstellten und der Gottseibeiuns der politischen Linken, eben die FPÖ, ein für alle Mal erledigt schien. Wie man sich täuschen kann.

Dass die Blauen nach nur drei Jahren eine spektakuläre Auferstehung feiern können, dürfte nicht zuletzt mit der großen Diskrepanz zwischen dem, was die Produzenten der veröffentlichten Meinung denken und jenem, was die große Mehrheit der ganz normalen Menschen interessiert, zusammenhängen.

Die Menschen haben andere Sorgen

Ich möchte das jetzt gar nicht bewerten, sondern bloß beschreiben: Was für viele Medienmenschen ein Großskandal der Marke »Die Schande Europas« ist, interessiert viele Wähler nur eher kursorisch. Wer wem bei zu viel Redbull-Wodka welche Zeitungen verkaufen wollte, wer sich in welchen Chatverläufen zynisch geäußert hat, ist den meisten Menschen so gleichgültig wie die Frage, welche Termingeschäfte ein städtischer Stromversorger eingegangen ist.

Denn unter Generalverdacht stehen in der Politik sowieso alle; Unterschleif aller Art regt daher vor allem mit zunehmendem Abstraktionsgrad des Delikts in abnehmendem Maß auf. Deshalb leidet die Wiener SPÖ genausowenig unter der Causa Wien-Energie wie die FPÖ heute unter Ibiza; und der ÖVP wurden weniger die Chatprotokolle ihrer jungen Überflieger zum Verhängnis als der Abgang von Sebastian Kurz.

Betretenes Schweigen

Es ist nicht wenig amüsant zu beobachten, wie jetzt die meisten, sich selbst als mehr oder weniger FPÖ-kritisch verortenden Medien, von Standard, profil bis hin zum Falter, mit dem Umstand umgehen, dass die FPÖ schon bald Nummer eins sein könnte. Das Thema wird eher weitläufig umgangen, und wenn darüber berichtet wird, dann auf eine eigentümlich verkniffene und unlockere Art und Weise, als müsste über die Verdauungsbeschwerden des Chefredakteurs geschrieben werden.

Die Ursache dafür liegt auf der Hand. Denn die neue Stärke der FPÖ ist vor allem einer alten Schwäche der anderen Parteien zu verdanken, nämlich ihre völlige Überforderung mit dem Thema Migration und illegale Zuwanderer. Eine Überforderung, die sich nicht zuletzt darin manifestiert, dass heuer wieder so viele illegale Zuwanderer ins Land strömen wie im Krisenjahr 2015/16.

Die Politik schaut zu, unternimmt aber nichts

Mit all den Folgen, die viele Menschen sehen und spüren, die nicht mit der Dienstlimousine ins Büro kutschiert werden, sondern in der Wiener U6 die kulturelle Bereicherung hautnah miterleben müssen, die in der Innenstadt an lauen Abenden das Gefühl haben, in Damaskus oder Kabul zu sein angesichts der Massen an jungen Männern, die dort der ehrenwerten Beschäftigung des Eckenstehers nachgehen; Menschen, die regelmäßig in der Zeitung von Vergewaltigungen oder Attacken auf Polizisten wie etwa jüngst in Linz lesen, und die überhaupt nicht den Eindruck haben, die Politik unternähme alles ihr Mögliche, um diesem Skandal endlich und nach so vielen Jahren entschlossen ein Ende zu setzen.

Weil dies eine Einsicht ist, die sogenannten »linksliberalen« Medien unendlich schwerfällt, wird auch die Frage nach der Stärke der FPÖ nicht so gerne gestellt – schließlich würde eine ehrliche Antwort die eigene Haltung gegenüber den »Schutzerflehenden« ganz kräftig unterminieren.

Und weil das ziemlich unangenehm wäre, wird auch die Renaissance der FPÖ weitgehend verdrängt. Stattdessen wird weiterhin wacker der »Kampf gegen rechts« geführt – solange, bis die FPÖ tatsächlich Nummer 1 geworden ist, weil dieser Kampf nämlich außerhab der Wiener Twitterblase kaum jemand interessiert.

Nazis, alles Nazis!

Gewinnt aber die FPÖ tatsächlich, wird wieder »die Schande Europas« ausgerufen werden und seitenlang über die offenbar unausrottbare Nazi-Neigung der Österreicher schwadroniert werden.

Ganz Ähnliches war ja kürzlich auch in Italien und Schweden zu beobachten, wo weit rechtsaußen stehende Parteien obsiegten und jetzt die Regierungslinie prägen – und in beiden Fällen wegen des Versagens der Vorgängerregierungen in der Frage der illegalen Zuwanderung.

Nicht der törichte »Kampf gegen rechts« gewinnt Wahlen, sondern der entschlossene Kampf gegen die unerwünschte Völkerwanderung und ihre Folgen. Eigentlich gar nicht so schwierig zu verstehen, sollte man meinen.