Die ebenso bekannte wie kluge Wiener Wirtschaftsforscherin Monika Köppl-Turyna dürfte ziemlich sauer gewesen sein, als sie vor ein paar Tagen auf Twitter schrieb: »Ich fahre ungefähr einmal im Monat mit dem Auto in Wien. Heute, weil ich einen Kinderarzttermin habe – da keine Kassenärzte mehr frei, an dem anderen Ende der Stadt. Und jetzt dürft ihr raten …«

Es war nicht sehr schwierig zu erraten, was der Mutter eines kleinen Kindes am Weg in die mühsam aufgetriebene Ordination zugestoßen ist: Klimakleber, denen die Krankheit kleiner Kinder offenbar völlig wurscht ist, hatten die Straße blockiert, auf der sie gerade am Weg zum Kinderarzt war.

Die Logik des Klima-Mobs

Irgendetwas in dieser Art geschieht mittlerweile fast täglich in Wien, aber auch in anderen Städten wie etwa Berlin. In der kalten, egoistischen und durch und durch menschenverachtenden Logik des klebenden Mobs sind das Unannehmlichkeiten, die wir einfach hinnehmen müssen, weil es um ein Ziel geht, dem sich alle anderen Ziele unterordnen müssen: der Rettung der Welt vor dem Hitzetod. Da müssen kranke Kinder eben warten, Pech gehabt. Marxisten, von denen es unter dem klebenden Volk ja nicht gerade wenige geben dürfte, sprechen in so einem Fall von einem Hauptwiderspruch (Klimawandel), dem sich der Nebenwiderspruch (krankes Kind braucht Arzt) eben unterzuordnen hat. Deswegen mussten in den Kommunen der 1968er ja auch immer die Mädels die Brote schmieren und den Abwasch erledigen, während die Männer die Revolution besprachen – der Klassenkampf war eben wichtiger als die Frauenfrage.

Doch ich schweife ab, ist bei alten weißen Männern manchmal so. Jedenfalls steigt die Wut von immer mehr Opfern und künftigen Opfern der Kleberbanden gerade exponentiell an.

Good news!

Und das ist bei genauerer Betrachtung eine sehr gute Nachricht. Denn die Kleber sind zwar ein ziemliches Ärgernis, aber sie sind gerade dabei, alle Erscheinungsformen des grünen und woken Radikalismus nachhaltig zu beschädigen, zu diskreditieren und damit auf längere Sicht hoffentlich auch politisch zu marginalisieren.

Dass der unvernünftig geführte, partiell zu weit gehende und unverhältnismäßig viel Wohlstand vernichtende Kampf gegen alles, was CO2 absondert, langsam immer mehr Menschen verärgert, zeigen ja die Umfragen in Österreich als auch in Deutschland: In beiden Ländern sind die Grünen und ihre wichtigsten Proponenten weit von ihren einstigen Bestwerten entfernt, da wie dort drohen massive politische Niederlagen.

Das hängt nicht nur, aber auch damit zusammen, weil immer mehr Menschen spüren, dass bei Energiewende und Klimapolitik ganz viel schiefläuft und wir im Begriff sind, einst führende Technologienationen in die politisch gewollte Verarmung zu treiben. Etwa, indem die Industrie gezielt vertrieben wird, das Leben jedes Einzelnen immer unbezahlbarer wird und immer mehr planwirtschaftliche Methoden eingesetzt werden.

All dies wird vor allem von Grünen forciert, und dementsprechend kommen sie langsam politisch unter Druck. Auch auf der europäischen Ebene formiert sich schrittweise Widerstand gegen den religiösen Eifer der radikalen Klimaschützer. So hat Frankreichs Präsident Emanuel Macron dieser Tage anlässlich der Vorstellung seiner »Strategie zur Reindustrialisierung« gemeint: »Ich rufe zur europäischen regulatorischen Pause auf.« Unmissverständlich erklärte er, ein Moratorium für den »Green Deal« der EU zu wünschen:

»Wir setzen um, was wir beschlossen haben, aber wir müssen aufhören, immer mehr zu beschließen.« Sonst riskiere die EU zwar zu ergrünen, aber »ökonomisch zu den schlechtesten Performern der Welt« zu gehören.

Gendergegner formieren sich

Diese Renaissance der Vernunft ist aber nicht nur auf die Politik beschränkt. In Deutschland etwa formieren sich immer mehr Gruppen, Initiativen und Petitionen gegen die Zerstörung der deutschen Sprache durch das Gendern, das ja von einer großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird.

Und das hat auch schon Wirkung in der Wirklichkeit. Jörg Schönenborn, einflussreicher Fernsehdirektor der deutschen ARD und einer der prominentesten TV-Journalisten des Landes, hat heuer seine Moderatoren aufgefordert: »Wenn die meisten das ablehnen, dann lasst es bleiben.«

Noch ist der Kulturkampf um die deutsche Sprache nicht entschieden, aber es ist ermutigend, dass sich zumindest Widerstand formiert, der etwas zu verändern imstande ist.

Ende des E-Autobooms?

Genauso wenig ist übrigens entschieden, ob wir wirklich alle in ein paar Jahren nur noch in elektrisch betriebenen Autos unterwegs sein werden. Denn seit einigen Monaten ist die Nachfrage nach den E-Mobilen eher brustschwach, der weltweit führende Anbieter Tesla kann nur mithilfe radikaler Preisreduktionen seine Produktion loswerden. »Ist der E-Auto-Boom vorbei?«, fragte etwa das Handelsblatt und kam zum Schluss: vermutlich ja. Auch hier stößt ein grünes Kernanliegen wohl zunehmend auf Widerstand.

Klebt, soviel ihr wollt!

Dafür ermöglicht die gerade knospende Renaissance der Vernunft nun, dass zumindest eine vorsichtige Diskussion über den Nutzen der Kernkraft wieder zulässig wird, auch wenn Deutschland und Österreich diesbezüglich nach wie vor streng orthodox in ihrer religiösen Ablehnung von Atomkraftwerken sind. Aber wer weiß, was in ein paar Jahren alles möglich sein wird, wenn Strom unter Umständen rationiert werden muss, weil es zu wenig davon gibt.

Gewiss, noch steht diese Renaissance der Vernunft ganz am Anfang, ist schwach und verletzlich. Aber mit jedem Tag, an dem die Klimakleber und andere selbsternannte Retter des Planeten den Menschen auf die Nerven gehen und deren Leben erschweren, steigen die Chancen, dass sie an Kraft und Stärke gewinnt. In diesem Sinne – klebt, so viel ihr wollt.