Es war eine eher eigenartige, um nicht zu sagen befremdliche Feststellung, die Angela Merkel dieser Tage zu Protokoll gab. „Wir haben das geschafft“, meinte sie unter Anspielung auf ihre berühmt-berüchtigte Formulierung „Wir schaffen das“ vom 31.August 2015, dem Beginn der großen Migrationswelle nach Deutschland, Österreich und die anderen europäischen Wohlfahrtsstaaten.

„Wir haben das geschafft“ – das ist eine Diagnose, die wahrscheinlich nur sehr wenige Menschen mit der am Ende ihrer Amtszeit stehenden Bundeskanzlerin teilen werden, jedenfalls was diese Migrationswelle betrifft.

Denn geschafft hat Merkel mit ihrer durchaus nicht alternativlosen Entscheidung, Millionen Menschen aus der arabisch/islamischen Welt hierher kommen zu lassen, vor allem: ein starkes Ansteigen von Gewalt im Alltag, von Messerattacken und Angriffen auf Frauen, Juden und Schwule, deren Leben dank der Bereicherungspolitik Merkels nicht wirklich an Qualität gewonnen hat.

Geschafft hat Merkel darüber hinaus das Entstehen von Parallelgesellschaften bildungsferner und nicht übertrieben leistungsaffiner Milieus, die vor allem enorm hohe Kosten für den Steuerzahler bedeuten: schätzungsweise zwei Milliarden Euro im Jahr in Österreich, geschätzte 20 Milliarden in Deutschland.

Geschafft hat Frau Merkel schließlich, dass als Reaktion auf diese Probleme in ganz Europa rechtsaußen-Parteien stark an Terrain gewonnen haben, meist auf Kosten bürgerlicher Parteien mit eher vernünftigen wirtschaftspolitischen Ansichten. – Da kann man nur gratulieren.

Wo bitte bleiben die Willkommensklatscher heute?

Wie weltfremd Frau Merkels Einlassung in Wahrheit ist, wie sehr ihre Politik gescheitert ist und ganz Europa noch auf viele, viele Jahre schädigen wird, merkt man interessanterweise auch daran, wer in diesen Tagen aller scheinbar völlig von der Bildfläche verschwunden ist, sich bedeckt hält und kein Wort rausbringt angesichts der neuen Migrationswelle, die gerade gegen die polnische EU-Außengrenze zu Weißrussland schwappt.

Wo bleiben Leute wie der ehemalige mächtige Raiffeisen-Boss Christian Konrad, der noch im vergangenen Jahr völlig tatsachenwidrig getrötet hatte, „Faktum ist, dass dieses Land durch die Aufnahme von 50.000 Flüchtlingen in den vergangenen Jahren keinen Schaden erlitten hat“ („Die Zeit“, 16. 8. 2020)?

Wo bleiben Leute wie der ehemalige ÖBB-Chef Christian Kern, der die Krise 2015 als “einen der besten Momente der Zivilgesellschaft in Österreich” in Erinnerung hat, heute?

Wo bleibt jener liberale Wiener Großkolumnist, der 2016 die Migranten noch poetisch zu „Schutzerflehenden“ umdefinierte, heute?

Sie alle ziehen es vor, in diesen Tagen den Ball äußerst flach zu halten und vornehm zu schweigen. Und das mit gutem Grund. Denn angesichts der tausenden meist männlichen Invasoren, die teils mit Bolzenschneidern, Beißzangen und Spaten gerüstet versuchen, die Außengrenze der EU in Polen gewaltsam zu durchbrechen, ist die Fiktion von den „Schutzerflehenden“, die „keinen Schaden“ anrichten werden und unsere Zivilgesellschaft zu neuen „besten Momenten“ inspirieren werden, einfach nicht einmal ansatzweise aufrecht zu erhalten, ohne schwere bewusstseinsverändernde Substanzen zu sich zu nehmen.

Selbst die naivste Kaschmir- Latte-Mutti aus Wien -Hietzing wird angesichts der Bilder, die wir von der polnischen Grenze jeden Tag sehen, nicht mehr übergroßes Bedürfnis verspüren, diese resoluten jungen Herren am Westbahnhof mit Plüsch-Teddys und leicht erotisch aufgeladener Faszination für die „Wilden“, wie man das zu Zeiten der Romantik noch nannte, erwartungsfroh zu empfangen.

Wir dürfen diese Krise nicht vergeuden

Man könnte sagen: die Illusion des wohlmeinenden Milieus ist nun geplatzt, spät aber doch. Das Schweigen der Belämmerten, die noch 2015 von der Hohen Warte ihrer vermeintlichen moralischen Überlegenheit gepredigt hatten, legt davon Zeugnis ab. Und davon, dass sich ein paar Veteranen der Willkommenskultur unter einem Merkel-Bildnis beim Kaffeekränzchen gegenseitig versichern, wir hätten es „geschafft“, geht heute wenigstens keine Gefahr mehr aus. Geschenkt.

Für all jene, die schon 2015 vor den gravierenden Folgen der damaligen Migrationswelle gewarnt hatten und sich dafür als fremdenfeindliche, islamophobe Nazis beschimpfen lassen mussten, bietet diese weitgehende Kapitulation der Willkommenspolitik eine echte Chance: die öffentliche Meinung in Europa, die sich gerade zu drehen beginnt, wenn ich mich nicht irre, endlich in Richtung Realismus zu bewegen. Und das heißt jetzt einmal primär: die Außengrenzen der EU so zu befestigen und zu beschützen, wie das zuerst Ungarn und nun Polen vorzeigen. Denn der politisch Erfahrene weiß: Man darf niemals eine gute Krise vergeuden.  Wir schaffen das!