Den wenigsten Österreichern dürfte bewusst sein, dass jene Inflation, unter der wir derzeit alle so leiden müssen, kein Naturereignis ist wie ein verregneter Sommer und auch nicht vom Krieg in der Ukraine oder der Corona-Pandemie ausgelöst worden ist, sondern vor allem einer gewaltigen Fehlentscheidung geschuldet ist.

Die Fälscher

Es war die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Menge der existierenden Euros innerhalb einiger Jahre zu versechsfachen, also gewaltige Mengen Geldes aus dem Nichts zu erschaffen, ohne dass die Wirtschaftsleistung der Eurozone in diesem Zeitraum auch nur annähernd so schnell gewachsen wäre. Man muss kein abgeschlossenes Studium der Nationalökonomie haben, um zu behirnen, dass das Geld dadurch immer wertloser wird. Vor allem, wenn gleichzeitig auch die Zinsen bei Null liegen und damit Kredite jedem nachgeworfen werden, der sich nicht rechtzeitig auf einen Baum retten kann.

Die Rechnung

Dass jetzt der Einkauf im Supermarkt für viele zum Luxus wird, ist gleichsam die Rechnung dafür, dass die EZB jahrelang quasi völlig legal Geldfälschung im großen Stil betrieben hat; Corona und der Krieg verstärkten diesen Effekt noch, verursachten ihn aber eben nicht.

Besonders ärgerlich daran ist: Obwohl allen Menschen, die in Euros entlohnt werden und Euros sparen, dadurch massiv geschädigt worden sind und weiter werden, gibt es nicht die geringste Möglichkeit, die Verantwortlichen von der EZB-Präsidentin Christine Lagarde abwärts in irgendeiner Form zu belangen oder gar zum Schadenersatz zu zwingen. Pech gehabt, sozusagen.

Die Unberührbaren

Das ist mit politischen Fehlentscheidungen aller Art ja genauso. Aber Politiker kann man wenigstens abwählen, die Chefin der EZB hingegen nicht. Es gibt wohl kaum einen anderen Job auf diesem Planeten, bei dem Fehlentscheidungen derart sanktionslos bleiben wie bei dem von Frau Lagarde, und das ist gar nicht gut so. Denn was hier völlig fehlt, ist das, was im Englischen so schön „Skin in the Game“ heißt, also die Folgen der eigenen Entscheidungen gegebenenfalls auch ausbaden zu müssen. Das muss die Führung der EZB derzeit überhaupt nicht; deren Angestellte forderten im Frühjahr sogar, ihre eigenen Gehälter müssten inflationsgesichert werden, was eine außerordentliche Chuzpe darstellt.

Mehr Inflation, weniger Gage

In großen Unternehmen ist es völlig üblich, dass das Einkommen des leitenden Personals stark von dessen unternehmerischem Erfolg abhängt – „Skin in the Game“ eben. Genau so etwas bräuchte es auch in der EZB. Deren einzige Aufgabe ist es, den Geldwert stabil zu halten, was derzeit als zwei Prozent Inflation oder weniger definiert wird. Daran sollte sich die Entlohnung der Chefetage richten. Solange die Inflation im Griff ist, sollen diese Damen und Herren ruhig sehr gut verdienen, vielleicht sogar Boni bekommen können. Doch sobald die Inflation steigt, sollte das – „Skin in the Game“ – negative Auswirkungen auf diese Gagen haben, und zwar durchaus empfindliche. Zehn Prozent weniger Gage pro Prozent Inflation über zwei Prozent hinaus wäre eine vernünftige Größenordnung für einen solchen Malus.

Ein notwendiger Schritt

Ich weiß naturgemäß nicht, ob das tatsächlich Auswirkungen auf die Entscheidungen der EZB-Spitze hätte, aber darum geht es auch nicht nur. Es ist einfach unerträglich, dass hier eine sehr kleine Gruppe von Menschen völlig unkontrolliert Entscheidungen trifft, die den Wohlstand von Hunderten Millionen Menschen beschädigen kann, ohne dass diese Entscheidungsträger in irgendeiner Form belangt werden können

Eine Koppelung der Bezüge der EZB-Führung an die Ergebnisse ihrer Politik wäre zumindest ein kleiner Schritt in Richtung „Skin in the Game“. Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Höhepunkt der Migrationskrise 2016 auf den Vorhalt, es seien viel zu viele Migranten ins Land gekommen, eher nonchalant geantwortet: „Jetzt sind sie halt da.“ Auch die Inflation ist „jetzt halt da“. Das eine blieb so folgenlos für die Verantwortlichen wie das andere – und das sollte nicht einfach so bleiben.