Dänemarks frühere Migrationsministerin Inger Støjberg ist wegen Amtsvergehens zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Eine deutliche Mehrheit eines extra für diesen Prozess eingesetzten sogenannten Reichsgerichts sprach die Ex-Ministerin schuldig, im Fall der Trennung eines asylsuchenden Paares aus Syrien vorsätzlich gehandelt zu haben. Berufung kann nicht eingelegt werden.

Støjberg: "Ich bin sehr, sehr überrascht"

Støjberg war unter dem damaligen Regierungschef Lars Løkke Rasmussen von 2015 bis 2019 Migrations- und Integrationsministerin. Der Konservativen wird vorgeworfen, in dieser Zeit widerrechtlich angeordnet zu haben, ein asylsuchendes Paar aus Syrien voneinander zu trennen, weil die Frau minderjährig war. Ihr Ministerium hatte im Februar 2016 in einer Mitteilung erklärt, dass alle Asylpaare ausnahmslos getrennt untergebracht würden, wenn einer der Partner minderjährig sei. Dabei handelte es sich laut Gericht um eine rechtswidrige Anweisung. 23 Paare waren davon betroffen.

“Ich bin sehr, sehr überrascht, das muss ich sagen”, sagte Støjberg nach der Urteilsverkündung. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Monate Haft gefordert, die Verteidigung Freispruch.

Eine Mehrheit im dänischen Parlament hat dafür gestimmt

Eine Mehrheit im dänischen Parlament hatte Anfang Februar dafür gestimmt, Støjberg wegen Amtsvergehens vor das Sondergericht zu stellen. Ein Verfahren vor solch einem Gericht ist in Dänemark sehr selten: Es handelte sich erst um das sechste in der dänischen Geschichte und das zweite der vergangenen 100 Jahre. Die Instanz befasst sich mit Vorwürfen gegen Minister wegen unerlaubter Amtsausübung.

Inge Stojberg (l.) am 4. Oktober 2018 in Wien mit dem damaligen Innenminister Herber Kickl (FPÖ) anlässlich der jährlichen Konferenz "Managing Migration"APA/AFP/ALEX HALADA

Kickl: "Ministerin Stojberg hat viele Weichen zur Sicherheit der Union gelegt"

Kritik an dem Urteil übte FPÖ-Chef Herbert Kickl, denn es schwäche die europäische Asylpolitik: “Ministerin Stojberg war einer der Eckpfeiler der europäischen Asylpolitik, hat viele Weichen zur Sicherheit der Union gelegt und war mir in meiner Zeit als Innenminister stets eine verbündete Vertraute.” Zum konkreten Vorwurf meint Kickl: “Dies als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention zu werten und damit ein Urteil zu verhängen, öffnet der Verehelichung von Minderjährigen auch innerhalb der Union Tür und Tor und das kann man nur als Skandal bezeichnen.”

Und: “Ich habe Inger Stojberg als mutige Politikerin mit einer großen Verbundenheit zu ihrem Heimatland Dänemark und Europa kennengelernt, die Weitblick bewiesen hat, um ein neues Jahr 2015 zu vermeiden. Ich wünsche ihr für die 60 Tage viel Kraft – und ich bin mir sicher, dass sie diese auch hat.” (APA/Red)