Die goldene Stunde.

Wahlkampf ist eine herausfordernde Zeit, da sind wir uns einig. Politiker und Politikerinnen spüren, nach Jahren im demokratischen Save Space, erstmals wieder was es heißt von einem Souverän abhängig zu sein. 

Existenzängste plagen da fast alle. Auf den Kampfmandaten und an der Spitze, dort wo üblicherweise Köpfe rollen, wenn‘s schief geht, kann man schon fast von Existenz-Panik sprechen, gepaart mit Hilflosigkeit.

Kommen dann noch prall gefüllte Kriegskassen (öffentliche Parteienförderung!) und Wahlkampfkostenbeschränkungen dazu, die faktisch kaum jemanden Grenzen setzen (NÖ: 6 Millionen!) ist der Kaufrausch vorprogrammiert. 

Es schlägt die goldene Stunde der Werber, Kommunikationsexperten und Scharlatane. Je schriller und schräger desto besser. Laut ist gut. Man will ja gehört werden. 

Im Kampf der Köpfe bleiben Inhalte Nebensache. Schwammig, konsequenzbefreites Füllmaterial für Parteihooligans im Echokammerl und die investigativsten der investigativen Journalisten – nicht selten eh ein und dieselbe Person.

Das Gros des Stimmvolkes nimmt jedenfalls kaum Notiz davon. Wahlprogramm, 10-Punkte-Plan, Plan A bis Z verstaubt im nie geklickten Reiter oder analog am Infotisch. Wer dran Schuld ist? Beide. Wähler und Politiker. Man hat sich gegenseitig satt. So der Eindruck.

Intellektuelle Granaten?

Interessant geht jedenfalls anders: Sympathie. Noch mehr aber Antipathie, Skandale und natürlich Angst entscheiden Wahlen. Kein Wunder, dass die im Post-Kurz-Tief watende NÖ-Landesmutti Hanni-Mikl-Leitner ihren Wahlkampf auf zwei wesentliche Botschaften eindampft. 1. Das Land heißt „Niederösterreich“ und 2. „es steht viel am Spiel!“ Uiui. Uh weh. Nur nix falsch machen!

Aber weit gefehlt wer jetzt glaubt, dass die Morgenluft schnuppernden Herausforderer mit intellektuellen Granaten auf Gelb-Blau-Schwarz-Türkise-Spatzen schießen. 

NEOS nämlich wollen „Jetzt das Richtige tun“, die schaumgebremste Grüne Helga den „Boden schützen“, „Moderne Mobilität“ und „Leistbare Energie“. Alles „Für Morgen“ versteht sich, weil heute haben sie ja die CO2-Steuer eingeführt, Mobilität und Energie damit nicht unbedingt billiger gemacht. 

Eh wurscht. Zuerst ist ja, wie gerne gesagt wird, „der Wähler am Wort“ und dann wieder 5 Jahre egal.

Udo „Singstimme“ Landbauer und seine FPÖ wähnen sich hingegen „Besser für NÖ“ und fordern Gerechtigkeit. Weil – logo – weder Russen-Krieg noch Wirtschaftskrieg, sondern nur die Hanni an der Preisschraube dreht, will Udo eine „Entscheidung herbeiführen“. Übrigens nicht nur für das Land an der Traisen. Nein, geht’s nach den Effen, dann folgt am 29. Jänner die „Schicksalswahl“ schlechthin. Zuerst NÖ, dann der Bund und am Ende die ganze Welt. Muahahahah!

Aber halt! Bitte jetzt nicht lachen. Besonders wenn man sich selbst Genosse nennt oder Sympathien für Nämliche hegt: 

„Sani & Sozi“ – Franz Schnabl‘s Kampagne scheint inhaltlich nämlich voll auf Rot-Blauem- Koalitionskurs. Auch er will „preise NIEDER österreich!“, „sozial & gerecht“ und seinen Landsleuten erklären, dass ihre Stimme in ganz Österreich „etwas bewirken“ könne. 

Was genau sie denn „bewirkt“ ist sich am Banner nicht mehr ausgegangen. „Etwas“ halt und das ist ja auch nicht Nichts, meint der „rote Hanni“.  Ganz unten dann im knallig roten Balken: „so sind wird.“ 

Doch wer sind wir?

Spätestens nach dem verheerenden Jahresbilanz-Interview von SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner in der ZIB, sollte man sich aber dringend die Frage stellen, wer dieses „Wir“ in der SPÖ eigentlich ist? 

Doskozil‘s revolutionäre Burgenland-Bande, deren Erfolg und Selbstbewusstsein den noch-Löwelstraßern so derartig auf den Senkel geht, dass man sie gerne hochkant aus der Partei schmeißen würde, wenn nur irgendwie darstellbar. 

Oder eine einsame Parteichefin, die lieber über „Inhalte“ als so Nebensächlichkeiten wie „Arbeitslosenzahlen“ reden will – weil erstens guter rhetorischer Trick (wenn auch am völlig falschen Platz) und zweitens keine Ahnung von der AL-Statistik?

Oder aber sind dieses „Wir“ Leute, die auch ohne „Mathematik-Stunden“ rechnen können. Jene, die in ungefähr drei Sekunden zwangsläufig feststellen müssen, dass sich Rendis-Steuerpläne nicht einmal auf einer altmannsdorf‘schen-Serviette ausgehen und zwischen den Schätzungen der Chefin und den Anträgen ihrer Bundesratsfraktion ungefähr 1 Mrd. Euro liegen? 

Oder sind dieses „Wir“ in der SPÖ, die Mitglieder? Jene die am Parteitag PRW gewählt haben, weil sie keine andere Wahl hatten und die genau das wieder tun werden. Und zwar so lange, bis sich das sonst echt keiner mehr antut. In den sozialen Medien wird jetzt sogar der Protest der treuesten der Treuen zunehmend sichtbar. Sie bitten ihre Chefin zu gehen. 

Lange geht das jedenfalls nicht mehr gut.