Als jüngstes Gustostückerl meldete sich die blaue Gesundheitssprecherin bei der Sondersitzung Ende Mai zu Wort – bodenständig wie eh und je – in ein schickes Partei-Hooligan-Leiberl gezwängt. Darauf in fetten Lettern zu lesen: GESUND – GETESTET – GEIMPFT – GENESEN.

Wobei es sicherlich nicht nur der aktuellen Debatte, sondern auch einer gewissen geschichtlichen Dimension ihrer Partei geschuldet ist, dass nur wer „GESUND“ ist ein Hakerl samt patriotischem Rot-Weiß-Rot erhält. Alles andere wird ausgeixt.

Belakowitsch‘ Auftrag an diesem Tag nämlich war klar: Dem „Corona-Regime auf der Regierungsbank“ – wie sie es nennt – einzuheizen (und ganz nebenbei, jede Reputation als Wissenschafterin zu kübeln).

Die Freiheit des Einzelnen

Der grüne Impfpass sei nämlich nicht der versprochene Weg zurück in unsere gewohnte „Normalität“. Ganz im Gegenteil, sorge er laut Belakowitsch für eine Umkehr der Beweislast, wodurch in Zukunft nur noch jener gesund sei, der das nachweisen könne.
Für alle anderen, die „Pumperlxunden“, die Querdenker mit Hausverstand heißt‘s demnach weiterhin „leider draußen bleiben“.
Auf die Dauer eine quasi-Impfpflicht also, wenn man sich das tägliche Nasenbohren sparen und trotzdem am gesellschaftlichen Leben der „neuen Normalität“ teilnehmen möchte.
Ja, richtig, doch ist das diskriminierend? Die Vernichtung unserer Grund- und Freiheitsrechte, wie es von der FPÖ neuerdings gerne und ungefragt an Gossenwände gepinselt wird?
Mitnichten. „Die Freiheit des Einzelnen (nämlich) endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt“ wie uns Immanuel Kant – einer der großen liberalen Vordenker deutscher Zunge – zurecht „einimpfte“.
Und was in Bezug auf die Kantschen‘ Reibebäume – Herrschaft und Religion – gilt, stimmt natürlich umso mehr, wenn wir mit einer Pandemie konfrontiert sind, die weltweit bereits knapp vier Millionen Menschen das Leben kostete.

Virus Zäsur

Eine Rückkehr in die Normalität, wie wir sie vor der Virus-Zäsur kannten, ist da schlicht nicht möglich – jeder ungeimpfte Testverweigerer eine potenzielle Gefahr für die Gesundheit und das Leben seiner Mitmenschen.
Das leuchtet jedem ein, zumindest der Mehrheit und natürlich auch der blauen Frau Doktor. Doch Dagmar Belakowitsch‘ Job ist es nicht, Menschen gesund zu machen (wie das Mediziner normalerweise tun) oder politisch verantwortungsvoll für‘s Land zu arbeiten (worauf sie vereidigt wurde), nein, als Parteipolitikerin macht sie die Marktschreierin am Oppositionsstandl.
Ihre Kunden: Unbelehrbare Verschwörungstheoretiker und Corona-Leugner – laut aktuellen Studien etwa 15% der Bevölkerung. Die gilt es abzuholen und mit süßer politischer Eindimensionalität ins Lager der „Kickl-isten“ zu führen. Wie entwürdigend, Frau Doktor!

Der Schritt nach vorne

Letztlich aber doch nur ein Nebenschauplatz. Denn worum es wirklich geht, ist es jetzt den Schritt aus der Krise heraus zu machen – nach vorne, nicht zurück.

Und dank einer enormen gesellschaftlichen, vor allem aber wissenschaftlichen Kraftanstrengung, scheint das nun erstmals auch möglich.
Vor kurzem hatte ich meine erste Impfung, ohne Komplikationen und ganz ehrlich: Ich freue mich schon auf die Zweite und den Beginn der neuen Normalität. Endlich.

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.