Irgendwo auf Twitter hab ich gelesen, dass es nur die SPÖ schaffen kann, mit zwei Lagern in eine Abstimmung zu gehen und mit drei herauszukommen.

Und was war das bitte für eine grandiose Nicht-Entscheidung?! Ein „Fest innerparteilicher Demokratie“ für Nichts und wieder Nichts.

Unglaubliche 72% Wahlbeteiligung, 106.952 Menschen, die ihre Stimmen erhoben haben, um unmissverständlich klarzumachen, wer ihre Partei mit fliegenden Fahnen, siegreich in die nächste Wahlauseinandersetzung führen soll: Hans-Pamela Babler!

Selbst für Parteiinsider war ein derart knappes Ergebnis kaum vorherzusehen, wenngleich sich hinterher natürlich logisch nachvollziehen lässt aus wessen Ei die Hydra schlüpfte.

Körperliche Makel

Systematisch wurde Herausforderer Hans-Peter Doskozil, Roter-Sonnenkönig des Burgenlandes, von Wien aus torpediert und sein Ruf ruiniert.

Den sitzfleischbewährten Gestalten des Liesinger Wohnzimmers war dabei nichts heilig. Während man berechtigte inhaltliche Kritik am Kurs der Bundespartei zu persönlichen Angriffen auf die „erste Frau an der Spitze“ umdeutete, wurde umgekehrt in die tiefste Schublade gegriffen.

Bestes Beispiel: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig der – selbst ohne jeden körperlichen Makel – glaubt ein paar Punkte zu landen, indem er sich über die krankheitsbedingt beeinträchtigte Stimme seines Erz-Parteifreundes lustig macht.

Erschreckend, mit welcher Leichtigkeit „moralisch gefestigte“ Genossen, rote Linien überschreiten. Wie armselig muss man sein, um ein körperliches Leiden, die Folge einer – Gott sei Dank – überstandenen Krankheit und mehrerer schwerer Operationen als Vorwand zu nutzen, um jemanden schlecht zu machen?

Bye bye Pamela

So ganz ohne Ergebnis blieb die Mitgliederbefragung dann aber doch nicht. Trotz überraschend starkem Abschneiden erklärt die knapp-drittplatzierte Rendi-Wagner ihren Rückzug.

Zwar hätte es, bei all den Möglichkeiten der Beeinflussung eines Parteitags und seiner Delegierten, noch Außenseiterchancen für Rendi gegeben – doch sie will nicht mehr, hat das Kämpfen satt, mag nicht mehr die Marionette des Rathauses sein. Recht hat sie!

Bleiben noch zwei im Rennen. Zwei Kontrahenten. Zwei Flügel, zwei Szenarien und ein Weg nach vorne.

Das knappe Ergebnis einzuloggen, die „demokratische Entscheidung der Basis“ hochzuhalten und als einziger Kandidat dem Parteitag vorgeschlagen zu werden – bleibt Doskozil verwehrt. Liesing kämpft weiter. Jetzt mit Babler.

Für Ludwig, Bures und Co. ist er die bei weitem kleinere Gefahr. Links-Linke Luftschlösser machen sich gut im Setzkasten moralischer Überheblichkeit und lenken von buffetpolitischen Nehmerqualitäten ab.

Durch Ausschluss einer Zusammenarbeit mit Freiheitlichen UND Volkspartei, würde Babler seine SP zudem in der Opposition genauso einzementieren, wie die Allmacht des Wiener Rathauses innerhalb der Partei. Das gefällt.

Doskozil hingegen hat den Zug zum Tor, will Politik machen und ist bereit zu tun was dafür auch immer nötig ist. Parteichef zu sein wäre für ihn kein „Ehrentitel“ von Ludwigs Gnaden, sondern die Möglichkeit seine Vision neuer sozialdemokratischer Politik endlich bundesweit in die Umsetzung zu bringen.

Er hat vor zu führen, Verantwortung zu übernehmen, erfolgreich zu sein und das Land zu gestalten. Seinen innerparteilichen Gegnern würde er anbieten ihm zu folgen. Mehr nicht.

Zwei Szenarien

Gemeinsam repräsentieren Babler und Doskozil also die Flügel der Partei. Links und rechts vom geschlagenen, abgewirtschafteten, satten Verwaltungsapparat der Reichsverweser Kreiskys.

Beide haben eine Vision – nur eine scheint dabei kompatibel mit der Realität unseres Landes.

Gewinnt Andreas Babler, wird er ein nie dagewesenes Strohfeuer zünden. Menschen verbinden, einbinden, gemeinsam Manifeste schreiben, Diskurse anstoßen – „bereit die Welt zu retten, auch wenn das vielleicht zu viel gewollt ist“ und „Alles Neu“ zu machen  – wies im gleichnamigen Lied von Peter Fox heißt.

Letztlich aber wird er sich und seiner Partei ein politisches Grab aus Utopien schaufeln und mit großer Enttäuschung feststellen müssen, wie schnell ihn seine Jubler fallen lassen, wenn er nicht liefern kann. Konkret: Erfolge, Posten, Einfluss.

Gewinnt hingegen Doskozil, wird’s pragmatisch. Eisenstadt liegt dann in Wien und die Vranitzky Doktrin auf der Müllhalde der Geschichte.

Wenn‘s die Partei aushält eine enorme Chance, um aus der Sackgasse zu kommen und ein neues sozialdemokratisches Zeitalter einzuläuten.

Die Mitglieder haben ihre Entscheidung getroffen. Was werden die Delegierten tun?