Mit zwei kleinen Kindern ist es gerade echt nicht so leicht jede Nuance der Innenpolitik zu verfolgen. Da haben andere Dinge einfach Vorrang. So wie die volle Windel des Kleinen und die nicht immer ganz kohärenten Wünsche und Vorlieben seines großen Bruders. „Trotzphase“ sagt die Wissenschaft dazu – die Eltern da draußen wissen was ich meine. Durchhalten ist die Parole 😉.

Womit wir dann aber doch schon wieder bei der geschätzten Innenpolitik wären, die mich diesmal sozusagen mit dem Holzhammer aus der braven Erfüllung mütterlicher Pflichten gerissen hat: „Hast du >Im Zentrum< gesehen? Schau dir den Grünen an, das ist doch einfach nur ein Wahnsinn und solche Leute regieren uns…“ quoll es aus meinem Postfach. Messenger, Whatsapp, Mail…überall das Gleiche: „Schreib was!“

Notfall Gas

Ok, denke ich mir, so schlimm kann‘s nicht sein. „Notfall Gas – Österreich unter Druck“ war das Thema – prädestiniert dafür in eine technokratische Insider-Diskussion über Kubaturen, Jahresverbräuche, Vertragsklauseln usw. abzurutschen. Wenn Gas-Alarm, dann höchstens Fad-Gas. Doch nein!

Mit Stefan Kaineder, seines Zeichens stellvertretender Bundessprecher der Grünen und OÖ-„Klimaschutz-Landesrat“ (was immer das heißen soll?) auf der einen Seite, sowie IV-Präsident Knill und Ex-OMV General Roiss auf der anderen, war der Hochspannungsbogen gebaut.

Planlos durch die Krise

Industriellenvertreter Georg Knill eröffnete: Die Regierung habe keine Idee, wie die Krise zu managen sei. Abgesehen von dem Stehsatz bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen, komme da nicht viel. Es fehle ein Plan, wie mit dem Worst-Case-Szenario umzugehen sei.

Kaineder konterte so gut es ging: Pläne gäbe es nicht nur einen, es gäbe sogar ganz viele. Allein man könne noch nicht wirklich sagen was es braucht, weil man ja die konkrete Lage am Ende des Gases noch nicht kenne. Wird’s uns im Sommer oder im Winter erwischen? Wie viel Wasser rinnt da gerade die Donau hinunter (kein Witz!) welche Industrie braucht am Tag X wie viel und hat womöglich gerade ein Energieversorger Betriebsurlaub (auch kein Witz!)?

Man müsse also abwarten, bis es so weit sei und handeln, wenn man alle Parameter kennt. Sozusagen Blindflug bis zum Aufschlag und dann Trümmer klauben.

Laut dem Grünen Chef-Theologen müsse man sich aber auch davor nicht fürchten, weil es ohnehin erklärtes Ziel sei, sich aus der erpresserischen Abhängigkeit des kriegstreiberischen, despotischen Putin-Regimes zu lösen! Was im Übrigen einer gesellschaftlichen Kraftanstrengung bedürfe – da müssen alle mithelfen.

Toll! Ich fühle mich schon viel sicherer und auch beim Herrn Landesrat kehrte durch die Aneinanderreihung inhaltsleerer Polit-Phrasen wieder etwas Farbe ins Gesicht zurück. Man hätte für einen kurzen Moment fast den Eindruck gewinnen können, er wüsste, wovon er spricht.

Aber ich will nicht unfair sein, denn woher soll er? Und vor allem wie soll er? Also ein Religionslehrer die Grüne Energieministerin vertreten?? Und warum war die eigentlich nicht da? Wäre der Auftritt der Ressortchefin möglicherweise noch katastrophaler gewesen?

Schlimmste Befürchtungen

Als dann die Leiterin der staatlichen Regulierungsbehörde e-Control einstieg, schienen sich die schlimmsten Befürchtungen der Industrie zu bewahrheiten. Laut Carola Millgramm – unbestritten eine höchstqualifizierte Fachfrau – gäbe es abgesehen von einer groben Maßnahmenverordnung, keinerlei konkrete Pläne.

Im Unterschied etwa zu Deutschland – wie der Industriellenvertreter anmerkte – dort zeige das Wirtschaftsministerium gerade, dass auch unter grüner Führung Politik im Sinne der Betriebe und Millionen Beschäftigter möglich sei.

Ein Vorwurf, den Kaineder natürlich so nicht stehen lassen konnte: Eine der größten Leistungen der (abwesenden) Energieministerin Gewessler sei gewesen, das Telefon im Ministerium zu „entfernen“. Früher hätten da nämlich immer Leute aus der Industrie (böse Lobbyisten!) angerufen und mitgeteilt, was für sie wichtig wäre. Das sei heute nicht mehr möglich. Man wisse als Grüne ohnehin was das Beste sei.

Leadership

Das Gegenteil sei der Fall, meinte darauf EX-OMV General Roiss. Man müsse endlich den Tatsachen ins Gesicht sehen, darüber reden, wie man im kommenden Winter die Gasversorgung für über 2 Mio. Haushalte sicherstellen will und Pläne auf den Tisch legen. Was unterm Strich völlig fehle, sei Transparenz und letztlich Leadership.
Kaineder, jetzt schon ziemlich in die Ecke betoniert raffte sich da noch einmal aus der Schockstarre auf, um gleich in den nächsten Fettnapf zu hüpfen: Das alles sei mit sehr großer politischer Verantwortung verbunden, aber „nein, wir werden das sicher nicht im Hauptabendprogramm diskutieren – Amen!“

Sogar Moderatorin Reiterer hat’s dann bei so viel Präpotenz gerissen: „Ja, warum denn nicht?“ fragte sie, die Menschen würd‘s schon interessieren…

Aber auch mit vereinten Kräften konnten sie Kaineder nichts entlocken was nicht da war. Statt ans Ende des Gases ist man im Zentrum ganz augenscheinlich bis ans Ende Grüner Scheinpolitik vorgestoßen, hat bis unter die letzte hohle Phrase geblickt und sich vor Erschaudern abgewandt. Als Stefan Kaineder dann noch seinen Plan zur Weltrettung vorstellte und mit der Forderung nach 100 zusätzlichen Windrädern in OÖ Punkten wollte, war‘s dann aber ganz vorbei.

Allein die VOEST würde 1500 dieser Anlagen brauchen, um bei guter Windlage ihren Bedarf zu decken, klärte der Industrielle den Herren Prälaten auf.
Wieder ein grünes Luftschloss, eine Ansammlung schmeichelhaft klimafreundlicher Worte im Nichts verhallt. Wieder eine Chance für‘s Land vertan. Oh Anstand, hättest beim Wählen doch den Verstand mitgenommen – uns wäre Vieles erspart geblieben.

Krise als Chance

Zum Schluss gab‘s dann aber doch noch so etwas wie einen versöhnlichen Ausblick. Wie OMV-Roiss zurecht in den Ring warf, ist „jede Krise auch immer eine Chance“ und die liegt diesmal meiner Meinung nach mehr als deutlich auf der Hand: Wenn die Schönsprecher und Phrasendrescher an den Herausforderungen unserer Zeit scheitern, besteht die Chance, dass sich die Türen der Macht auch für kompetente Leute öffnen. Sie müssen nur durchgehen. Bitte macht das!