ORF-Märchenstudio-Kärnten

„Der große Wahlverlierer dieses Wahlsonntages heißt SPÖ (…) Überraschungswahlsieger ist der Regierungspartner ÖVP (…), der an Stimmen zulegen konnte.“ So titelt das Kärntner ORF-Landesstudio kurz nach den ersten Hochrechnungen.

Schaut man sich die Zahlen jedoch nüchtern an, bleibt davon kaum etwas übrig.

Mit einem satten Minus von 9,02%-Punkten kann die SP um Landeshauptmann Peter Kaiser zwar nicht zufrieden sein, Wahlverlierer sehen aber anders aus. Fast 40% der Stimmen und mehr als 14%-Punkte Abstand zur zweitplatzierten FPÖ, garantieren den Kärntner Sozialdemokraten auch weiterhin ihre Rolle als dominierende Kraft im Land.

Bei der Volkspartei kann man zwar den prognostizierten Totalabsturz verhindern und am Ende sogar ein kleines Plus vorweisen, vom dritten Platz aus und mit mehr als 20%-Punkten Abstand zum Ersten aber den großen „Wahlsieg“ auszurufen, ist doch sehr schräg.

Ex-BZÖ-Wunschkandidatin und nunmehrige ORF-Landesstudio-Chefin Karin Bernhard würde bei der Analyse daher etwas weniger Agenda durchaus guttun.

Substanz-los

Die wahren Sieger und Verlierer der Kärnten-Wahl sind diesmal nämlich abseits der großen Drei zu suchen: Mit einem Plus von 4,4%-Punkten und damit fast einer Verdoppelung des Stimmanteils, gelang es dem Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer und seinem „Team-Kärnten“ an Substanz zu gewinnen. Hervorgegangen aus den Trümmern des Team Stronach war das nicht von vorneherein absehbar. Ähnliche Derivate scheiterten rasch und deutlich. Köfers Erfolgsgeheimnis: Unaufgeregte Landespolitik in Bürgerlisten-Manier, langjährige Politerfahrung und der unbedingte Wille sich an seinen ehemaligen Genossen in der SPÖ zu rächen. Auf dem Weg zum Landesparteichef hatten die Köfer nämlich mit üblen Tricks abserviert.

Wenn der Wahlkampf an die Substanz geht, kann so etwas wahre Wunder wirken. Motivation total! (Und ein Vorgeschmack darauf, was der SPÖ auf Bundesebene drohen könnte, wenn sie den Konflikt Rendi-Dosko ähnlich dämlich eskaliert.)

Auf der anderen Seite der Medaille: Grüne und NEOS. Beide scheitern erneut am (Wieder-) Einzug in den Landtag. Trotz massiver Unterstützung ihrer Bundesparteien. Insbesondere für die Grünen ist das ein Armutszeugnis und wohl auch ein kleiner Hinweis darauf, was da noch kommen mag. Immerhin war die selbsternannte Öko-Partei bis zum Zusammenbruch 2018 nicht nur im Landtag, sondern sogar in der Landesregierung vertreten – kann im Gegensatz zu NEOS also auf so etwas wie eine politische Tradition zurückblicken. Dennoch mit lediglich 3,85% blieb man deutlich unter den für einen Einzug notwendigen 5% zurück. Ein Fiasko: Jedenfalls. Ein Wendepunkt in der Grünen Erfolgsstory: Vielleicht. Kogler und Co. sollte jetzt klar sein, dass Klimafetischismus und Nischenpolitik spätestens dann ein jähes Ende finden, wenn‘s um Mehrheiten geht.

Demokratiepolitisch unwürdig.

Doch damit nicht genug. Auch demokratiepolitisch würd‘s für die Kärnten-Wahl wohl kaum zum Blumentopf reichen.

Mit 2,37% landete die MFG-Abspaltung „Vision Österreich“ nahezu gleichauf mit den NEOS auf den hinteren Rängen. Lediglich 651 Stimmen trennten das Polit-Startup rund um Frontmann Alexander Todor-Kostic und den Kärnten-Ableger der mächtigen pinken Bundespartei. Zu den Landes-Grünen betrug der Abstand etwas mehr als 4000 Stimmen (also eine kleine Gemeinde).

Für alle drei aber hieß es am Ende: Leider draußen bleiben.
Im Unterschied zu „Vision Österreich“ stand Grünen und Neos aber die ganz große Bühne zur Verfügung. Als Landesgruppen mit Bundespartei-Privileg wurden sie zu allen Diskussionsformaten inkl. der ORF-Elefantenrunde eingeladen, um vor hunderttausenden Seherinnen und Sehern ihre Ideen auszubreiten. Kostic und Konsorten blieb diese Chance verwehrt.

Ein Skandal. Natürlich. Im Staate Österreich aber leider keine Ausnahme. Nach dem Motto „Wer hat, dem wird gegeben“ schottet sich der polit-mediale Komplex nach außen hin ab. Zusätzliche Konkurrenz wird als Gefahr statt als Bereicherung gesehen – neue Ideen unterdrückt, statt mit ihnen die konstruktive Auseinandersetzung zu suchen.

Besonders tragisch dabei: Während der öffentlich-rechtliche ORF zwar von allen Bürgern und Bürgerinnen finanziert wird – in Zukunft wohl per Zwangs-Haushaltsabgabe – entscheiden die parteipolitisch besetzten Gremien, welche Wahlmöglichkeit den Gebührenzahlern zumutbar ist. Gelenkte Demokratie. Unwürdig.