Wie Funde belegen, ist Cannabis eine der ältesten und vielseitigsten Kulturpflanzen. Bereits vor rd. 12.000 Jahren wurde sie auf dem Gebiet des heutigen Irans und auch in China angebaut. Die Samen der Pflanze aß man, presste sie zu Öl (das übrigens sehr reich an Omega 3 und ungesättigten Fettsäuren ist) oder nutzte sie gemahlen zum Backen von Brot und vielem mehr. Das Harz wiederum wurde aufgrund seiner Inhaltsstoffe schon lange vor Entwicklung der modernen Schulmedizin erfolgreich zu Heilzwecken eingesetzt.

Aber auch der Rest der Pflanze wurde nicht weggeworfen oder etwa an Tiere verfüttert. Viel zu wertvoll waren die in den Stängeln enthaltenen Fasern, aus denen sich nicht nur hervorragend Kleidung herstellen ließ.

1455 wurde Gutenbergs erstes Buch, eine Bibel, auf Hanf-Papier gedruckt. Christoph Kolumbus schwang sich 1492 an einem Hanfseil von seiner Santa Maria auf (Mittel-) amerikanischen Boden und als sich 284 Jahre später, Jefferson und Co. vom britischen Mutterland losrissen, taten sie das natürlich auch mit einer Unabhängigkeitserklärung aus Hanf.

Eine Pflanze als wahre grüne Alleskönnerin sozusagen, die zudem auch noch sehr genügsam ist. Kein Wunder also, dass das Kraut seinen Siegeszug um die Welt antrat. Scheinbar unaufhaltsam – bis zur Industrialisierung.

Die verschaffte der maschinell leichter zu verarbeitenden Baumwolle den entscheidenden Vorsprung. Und auch in anderen Absatzmärkten wuchs die Konkurrenz durch neue Verfahren und Rohstoffe.

WINDOW OF OPPORTUNITY

Damit aber nicht genug, sah die nun erstarkende Baumwolllobby doch ihre Chance, den unliebsamen Konkurrenten endgültig aus dem Rennen zu werfen, den Markt unter sich aufzuteilen und richtig Schotter zu machen. Der Vorwand war dabei schnell gefunden und Cannabis zum Rauschmittel abgestempelt.

Auch an gewichtigen Unterstützern mangelte es nicht. Harry J. Anslinger, der Chef des Federal Bureau of Narcotics war nach der Abschaffung der katastrophal gescheiterten Alkohol-Prohibition quasi arbeitslos und auf der Suche nach neuen Staatsfeinden. Cannabis kam da wie gelegen und ganz plötzlich erkannte man, dass ihr Konsum „wahnsinnig“ macht, „High-School-Kids in den Suizid treibt“ und „Schwarze“ und „Mexikaner“ über „weiße Frauen herfallen“ lässt. Nach 12.000 Jahren Kulturpflanze natürlich absolut glaubwürdig – aber gut.

Jedenfalls war es das Window of Opportunity um Cannabis an der Wurzel zu packen und auszureißen. Und sie taten es.

Bis heute ist die UN-Konvention gegen narkotische Drogen, die in ihren Grundzügen ebenfalls auf Anslinger zurückgeht (obwohl diesem letztlich zu inkonsequent) in Kraft und Cannabis geächtet.

GESTRICHEN NACH 59 JAHREN

Aber das Kraut ist zäh – langsam holt es sich zurück was ihm gestohlen wurde. Nämlich seinen gesellschaftlichen Stellenwert und die Anerkennung seines vielfältigen positiven Nutzens – vor allem im medizinischen Bereich.

So ist es heute mittlerweile Common Sense, dass Cannabis sehr erfolgreich in der Schmerztherapie eingesetzt werden kann – vor allem bei chronischen Fällen.

Aber auch Menschen mit Tumorerkrankungen, AIDS, Tourette, Lähmungen und Multipler Sklerose können von einer (begleitenden) Behandlung profitieren – meist gänzlich ohne Nebenwirkungen.

Es ist deshalb nur logisch, dass die Vereinten Nationen das Kraut nach 59 Jahren von der Liste gefährliche Drogen strichen und immer mehr Staaten der Welt dieser Entscheidung mit zunehmenden Liberalisierungsschritte folgen.

Im Bereich der medizinischen Nutzung – weil es schlicht unethisch ist, Patienten eine möglicherweise hilfreiche Therapie aus politisch-ideologischen Motiven vorzuenthalten und als Genussmittel für Erwachsene – weil sich auch bei dieser Prohibition zeigte, dass der gesellschaftliche „Nutzen“ keinesfalls den Aufwand rechtfertigt.

ÖSTERREICH LEISTET (SICH) NOCH WIDERSTAND

Aktuellster Liberalisierungs-Fall: Unser großer Bruder Deutschland. Dort hat sich die frischgebackene Ampelkoalition aus SPD, Grünen und Freien Demokraten vorgenommen, eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen und damit nicht nur die Qualität des ohnehin im Umlauf befindlichen „Stoffs“ zu kontrollieren, sondern auch den Jugendschutz sicher zu stellen, den Schwarzmarkt auszutrocknen und als Krönung des Ganzen noch bis zu 5 Milliarden (!) Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen zu lukrieren. Fast so, als würde sich unser Nachbar aus der Krise kiffen wollen. Na ja, fast eben.

VORBILD DEUTSCHLAND?

Wer jetzt aber auf die Idee kommt, dass Deutschland wie bei so vielen politischen Richtungsentscheidungen auch hier den Weg für unsere selige Alpenrepublik vorgeben könnte, der läuft Gefahr enttäuscht zu werden.

Angesichts dramatisch einbrechender türkiser Umfragewerte und einer erstarkenden Rot-Grünen-Achse, scheint es nämlich viel wahrscheinlicher, dass Schallenberg, Kurz und Co. gerade in dieser auch symbolischen Frage die Abgrenzung suchen, um konservative WählerInnen zu binden.

Man wird daher wohl eher dem Bayrischen CSU-Vorbild folgen und eindringlich vor „gefährlichen Experimenten“ warnen – wenngleich allen klar sein dürfte, in welche Richtung dieser Zug unaufhaltsam fährt.