Dabei scheint die Studie des Soziologen Jan Skopek (Socioeconomic Inequality in Children’s Achievement from Infancy to Adolescence: The Case of Germany) zunächst am Fall Deutschlands zu bestätigen, was wir eh schon alle wussten: Bildung wird vererbt.

Wer also das Glück hat in einer Akademikerfamilie aufwachsen zu dürfen, der wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (fast 80%) selbst ein Studium abschließen, dementsprechend besser verdienen, gesünder sein, entspannter und länger leben, usw. Das Hackler-Kind wird Hackler – immerhin auch mit einer Wahrscheinlichkeit von über 70%. Im Durchschnitt halt, denn so Studien sagen über den Einzelfall – wie ich auch einer bin – natürlich nichts aus.

Was also tun, um die vielbeschworene Aufwärtsmobilität zu verbessern und mehr Kindern den Zugang zu höherer Bildung zu ermöglichen?

Geld hilft nicht immer.

Für viele Bildungspolitiker und Bildungspolitikerinnen ist die Antwort hier seit Jahrzehnten klar: Es braucht mehr Geld! Für neue Schulen, eine bessere Betreuungsquote, moderne Lehrmittel, mehr Ausflüge, mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung und und und – die Wunschliste ist da lang. Und natürlich haben sie recht, denn wenn sich eine Lehrperson auf, sagen wir zehn Kinder konzentrieren kann, ist das etwas anderes, als wenn sie 30 und mehr vor sich sitzen hat. Frontalunterricht ist da das Maximum was geht, die Lärmkulisse auch bei einer braven Klasse dementsprechend belastend und jeder Tag eine Herausforderung mit ungewissem Ausgang – für beide Seiten.

An diesen Schrauben zu drehen ist aber einerseits teuer und bringt andererseits wenig, wie die Skopek-Studie zeigt.

Bildungssieger mit sechs Jahren.

Wirklich entscheidend für die Bildungsbiografie eines Kindes ist nämlich das, was davor, also vor der Einschulung, passiert. So lassen sich schon wenige Monate nach der Geburt erste Unterschiede bei den Kompetenzen der Babys nachweisen – abhängig vom Bildungsniveau der Eltern. Es beginnt ein Schereneffekt zu greifen, der dann bis zum sechsten Lebensjahr immer deutlicher auseinanderklafft. Der Grund dafür: Unterschiedliche Erziehungsstile. Etwa ob sich Eltern Zeit für ihre Kinder nehmen, viel mit ihnen sprechen, ihnen vorlesen und den Tag mit gemeinsamen Aktivitäten füllen, oder ob der Nachwuchs stärker auf sich gestellt ist, so wie das in bildungsferneren Schichten öfter der Fall ist.

US-Forscher haben beispielsweise herausgefunden, dass Kinder aus Akademikerfamilien bis zum vierten Geburtstag rd. 45 Millionen Wörter zu hören bekommen und verarbeiten müssen. In weniger gebildeten Familien sind es hingegen nur 10 bis 15 Millionen (Risely/ Hart).

Letztere haben also einen großen (Gehirn-) Trainingsrückstand, der sich dann natürlich auch bemerkbar macht.

Leistung der Schule ist enorm!

Versteht man das, versteht man auch, dass die Schule und hier natürlich zuallererst die Lehrerinnen und Lehrer enormes leisten. Es gelingt ihnen das Auseinanderdriften zu stoppen und alle Kinder entsprechend ihrer jeweiligen Voraussetzungen bestmöglich mitzunehmen.

Was ihnen aber ganz einfach nicht gelingen kann, ist es die Mängel an frühkindlicher Förderung durch die Eltern auszugleichen, und zwar fast unabhängig davon, wie viel Geld man ins System und wie viel Lehrer in eine Klasse stopft.

Erfolgreiche Bildungspolitik ohne Scheuklappen.

Erfolgreiche und vor allem effiziente Bildungspolitik muss also früher ansetzen und endlich dümmliche parteipolitische Scheuklappen abnehmen. Der Kindergarten muss als erste Bildungseinrichtung ernst genommen werden, das zweite verpflichtende Jahr für alle, besser heute als morgen kommen und eine qualitativ möglichst hohe Ausbildung des Personals garantiert und gefördert werden.

Gleichzeitig – und jetzt komme ich auf den Anfang zurück – dürfen wir aber auch die Eltern mit der verantwortungsvollsten Aufgabe ihres Lebens nicht allein lassen. Was es hier braucht sind maßgeschneiderte Eltern-Bildungsangebote und eine Anreizstruktur, die dafür sorgt, dass diese auch angenommen werden. Ja und zu guter Letzt bin ich heute sicher, dass es eine Differenzierung im Bildungssystem braucht. Und zwar intern differenziert, genauso wie‘s die alte „böse“ Hauptschule gemacht hat. Mit Leistungsgruppen, um in den Kernfächern auf unterschiedliche Kompetenzlevels der Kinder bestmöglich eingehen und dennoch die gemeinsame Schule der 10-14-Jährigen gewährleisten zu können. Ansonsten drohen Durchschnittsfalle (Autor: Markus Hengstschläger) oder Elitenprogramm.

Könnte das nicht eine revolutionäre Idee fürs Gymnasium für alle sein?

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.