Schulter an Schulter

Die russische Invasion in der Ukraine war es, die ein besonderes Maß an Solidarität in Europa und der westlichen Welt hervorrief. Es scheint als sei es oft der Augenblick in dem sich die Menschen ihrem Leben zuwenden, sich der Frage von Leben und Tod stellen müssen, der uns einander näherkommen lässt.

Zu wissen, man steht nicht allein, zu einer Gemeinschaft zu gehören, die im Falle des Falles zusammenhält – gegen Aggressoren von außen – das ist das einzige Bleibende, das Russland am Ende für Europa „erreicht“ haben wird.

Mensch ist Mensch. Blut ist Blut.

Krieg bedeutet Verletzte, bedeutet den Bedarf an Hilfsgütern und medizinischer Versorgung, wie unter anderem ausreichend Blutkonserven für Verwundete bereitstellen zu können. Es war das österreichische Rote Kreuz, das deshalb einen medialen Aufruf gestartet hat, dringend zu spenden, um zur Versorgung der Ukraine in dieser Hinsicht beizutragen. Doch in Österreich gilt nach wie vor ein diskriminierendes Blutspende-Regime, nicht jeder der sein Lebenselixier mit notleidenden Menschen teilen möchte, darf das auch. Offen homosexuelle Menschen sind von der Blutspende genauso ausgeschlossen, wie Jugendliche unter 18 Jahren. Beides politisch motiviert und völlig sinnlos – wird doch ohnehin jede Spende untersucht.

Und falls jetzt jemand gleich den Teufel an die Wand malen möchte – Beispiele wie‘s geht gibt’s genug: So kann man Winston Churchills legendäre Rede, in der er am Höhepunkt des zweiten Weltkrieges meinte, dass er „nichts anderes anzubieten hätte, außer Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß!“, im Vergleich zur Situation hierzulande, tatsächlich als echtes Angebot lesen. Denn wer auf der Insel Blut für seine Mitmenschen spenden möchte, der darf das auch – ganz unabhängig davon wem privat sein oder ihr Herz gehört.

Und so ganz unter uns und nebenbei: Wenn jemand so „schlau“ ist, der Staatsgewalt seine Homosexualität zu verheimlichen, oder einfach sein Coming-Out noch nicht hatte, darf er/sie ja auch hierzulande Blut spenden – was wieder zeigt, wie viel Schwachsinn eigentlich in dem Gesetz steckt.

Leidvolle Erfahrung im österreichischen Jugend-Staatssekretariat.

Vor einigen Wochen taten sich jedoch selbst in Österreich kleine Lichtblicke auf. Mitglieder der Bundesregierung inklusive ganzer Büroteams folgten dem Ruf zur Nadel und mussten postwendend am eigenen Leib erfahren, was das Wort D-I-S-K-R- I-M-I-N-I-E-R-U-N-G bedeutet.

Stimmte die heutige ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm in den letzten Jahren – einig mit den Vorgaben der Kurz’schen Parteiführung – bei Anträgen im Plenum des Nationalrates gegen eine diskriminierungsfreie Blutspende, so musste das Team des Jungstars nun erfahren, was es heißt helfen zu wollen, doch nicht zu dürfen. Drei von acht Mitgliedern des „Team-Plakolm“ war es nicht erlaubt zu spenden, weil gewisse Ausschlussgründe vorlagen und weil ihre eigene Partei immer wieder gegen Verbesserungen stimmte. Heute aber, als „Betroffene“, verstehe sie “die Diskriminierung von Jungen und Homosexuellen ganz und gar nicht”. Was werden da erst die ukrainischen Bombenopfer sagen, die womöglich keine Blutkonserve bekommen, weil der Heinz den Daniel mag und deshalb als Spender abgewiesen wird.

Vielleicht wäre es also doch einmal gut gewesen aufzustehen und anstatt der Parteilinie seinem Herzen und der innersten Überzeugung zu folgen. Ich habe das einzigartige Privileg genau zu wissen, wovon ich rede, und bereue keine meiner Entscheidungen, nur, dass damals niemand den Mut hatte, es mir gleich zu tun.

Liebe Grüne, wir wollen Taten sehen!

Doch vielmehr noch als Frau Plakolm – der es im Übrigen hoch anzurechnen ist, dass sie nun als Regierungsmitglied in dieser Sache klar und deutlich sagt, was sie denkt – trifft die Verantwortung hier die grünen Regierungsmitglieder.

Sollte der Kampf für Gleichbehandlung und Antidiskriminierung doch ein fester Bestandteil ihrer DNA sein – dennoch lassen sie jedwede Taten vermissen.

Aus Rudi Anschobers Versprechen, die Reform noch 2020 umzusetzen, wurde heute, zwei grüne Minister später, noch immer nichts. Unterm Strich ist das ganz einfach zu wenig.
Weil, eine Blume macht keinen Frühling und eine Headline keine Verbesserung für die Betroffenen – auch wenn sie aus dem Staatssekretariat kommt.

Und warum zum Himmel schafft es Gesundheitsminister Nummer drei eigentlich nicht, diesen aufgelegten 11er zu verwerten, geschweige denn nach dem ÖVP „Vorstoß“ einmal Stellung zu beziehen und der jungen Dame den Rücken zu stärken? Intern dürfte sie es nämlich gerade eher etwas schwerer haben.

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.