Die Versammlungsfreiheit als demokratisches Grundrecht ist sowohl in der Bundesverfassung niedergeschrieben als auch durch europäisches Recht geschützt. Und das ist gut so, weil ein demokratischer und freier Staat nur dann existieren kann, wenn er mündigen Bürger:innen erlaubt, ihrer Meinung auch öffentlich und für alle sichtbar Ausdruck zu verleihen.

Rechtsstaatliche Minimalerfordernisse, wie eine rechtzeitige Anzeige, Bewaffnungs- und Gewaltverbot oder ganz simpel, die Einhaltung unserer Gesetze, stellen dabei keinerlei Einschränkungen dar. Vielmehr sind sie als Ausdruck eines zivilisierten, entwickelten Staatswesens zu verstehen. Der kleine, aber feine Unterschied zur Bananenrepublik sozusagen.

Und sowieso endet die Freiheit des einen immer dort, wo die Freiheit des anderen beginnt – wie schon Kant wusste. Oder besser gesagt, sie hat dort zu enden und die Instrumente unserer wehrhaften Demokratie haben auch genau das sicher zu stellen!

Wahre Helden

Schauen wir aber auf die zunehmend aus den Fugen geratenden Anti-Corona Demos, dann zeigt sich deutlich wachsender Handlungsbedarf. Freilich nicht um glücklich unterm Aluhut versammelte „Impfskeptiker“ vor Stichattacken aus Kanalschächten, via Regierungs-Drohne oder per Chemtrail-Schneeflocken-Infusion, zu schützen.

Nein, heute brauchen erschreckenderweise gerade jene Schutz, die unsere Gesellschaft in dieser Krise mehr als alles andere zusammenhalten. Unsere Corona-Held:innen. Menschen – vielfach Frauen – in Gesundheitsberufen, im Krankenhaus, der Pflege, Altenbetreuung und und und.

Menschen, die auch da sind, wenn Ungeimpfte, wie Geisterfahrer ohne Gurt, durch die Virus-Rushhour rasen, nur um am Ende der Selbstgefälligkeit, dann doch dem Krebspatienten das Intensivbett zu stehlen – oder halt Ressourcen für die Herz-OP des Familienvaters zu blockieren.
Sie urteilen nicht. Jede und Jeder ist für sie gleich wichtig, hat für sie die gleiche Hingabe verdient, ist es Wert gerettet zu werden. Dafür geben sie alles – oft 24h am Stück, durchgehend mit FFP2-Masken an der Virus Front.

Umso niederträchtiger und gemeiner ist es, dass sie jetzt ins Fadenkreuz einer lauten und zunehmend gewaltbereiten Minderheit geraten. Wie erst kürzlich bei einer unangemeldeten – ist gleich – gesetzeswidrigen Corona-Demo in Braunau.

Braunau

Eine Altenbetreuerin wurde da von einer kleinen Gruppe Demonstranten aufgehalten, angepöbelt und derbst beschimpft. Sie, die Mitarbeiterin der Volkshilfe Braunau, würde „mit Microsoft-Gründer Bill Gates unter einer Decke stecken um den guten, freiheitsliebenden, braven und gesetzesuntreuen Ver-Querdenkern nun die Zwangs-Todesspritze zu bringen…“. Fast so als würde sich Corona nicht auf die Lunge, sondern aufs Hirn schlagen.

Im deutschen Sachsen – mutmaßlich die europäische Partnerregion Braunaus – geht das sogar soweit, dass jetzt Todesdrohungen gegen Politiker:innen versandt werden. Von gesetzestreuen Telegram-Philosophen mit dem Keller voller Waffen.

Wobei das ja alles kein Witz ist, sondern beängstigend und gefährlich. Wenn nämlich gerade jene die lautstark und leidenschaftlich „Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie“ skandieren, offensichtlich weder bereit sind die Freiheit und Selbstbestimmtheit anderer zu akzeptieren, noch demokratische Beschlüsse anzuerkennen, dann ist Feuer am Dach.

Es braucht die volle Härte.

Denn auch wenn ein gewisser Frust über eine allgemein unbefriedigende Situation nachvollziehbar scheint, so werden hier doch massivst Grenzen überschritten.

Unsere demokratische Gesellschaftsordnung muss es zwar aushalten, wenn sich Menschen in ihre eigene „Wahrheit“ zurückziehen, wenn sie Wissenschaft, Forschung und Expert:innen ganz einfach ignorieren.

Ab dem Moment aber, da diese beginnen unsere Institutionen und freie Bürger:innen anzugreifen, hat sie die volle Härte des Rechtsstaats zu treffen. Auch und vor allem um Nachahmer:innen abzuschrecken.

Das sind wir unseren Corona-Helden mindestens schuldig.

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.