Daniela Holzinger: SPÖ – Ein Schrecken ohne Ende
Ok, die Bildungsgeschichte muss warten, an diesem Desaster von Parteitag, da kann ich einfach nicht vorbei. Zu viele strukturelle Schwächen der Sozialdemokratie sind da sichtbar geworden. Aber alles der Reihe nach.
Das Wahlergebnis der großen Vorsitzenden ist dabei wohl eines der offensichtlichsten Zeichen dafür, wie sehr es hinter der roten Fassade kracht. Lediglich 75% „Zustimmung“ aus den Reihen der eigenen Delegierten, das lässt sich nicht mehr schönreden. Rendi‘s Versuch, selbiges in der ZIB zu tun und ihre de facto Abwahl zum Auftrag weiterzumachen umzudeuten, lässt einem die Kinnlade zu Boden sinken.
Jede/r Vierte hat ihren Namen gestrichen – bei einer Wahl ohne Gegenkandidaten ist das vernichtend!
Was bitte muss da also passieren, um auf demokratischem Wege einen Wechsel herbeiführen zu können? Für welche Signale ist die Führung noch nicht blind und taub? Abermals ein Pfeifkonzert am ersten Mai, wie jenes das Ex-Kanzler Faymann von der Bühne fegte?
Oder lässt es das „Liesinger Wohnzimmer“ vulgo „Politbüro“ darauf ankommen? Wartet, bis ihre Kandidatin an der 50-Prozent-Hürde scheitert?
Nein, sie wissen genau, bevor das passiert, dreht der Letzte das Licht ab. Zu viele Günstlinge, Emporkömmlinge, zu viele „stromlinienförmige Handlanger“ (vgl. Leser Norbert: Der Sturz des Adlers), zu viel Abhängigkeit in den Reihen der Delegierten, als das sowas denkbar wäre. Also Augen zu und durch, auch wenn‘s manchmal weh tut – zumindest das Schmerzensgeld ist ja ganz ok.
Man kriegt fast Mitleid
Schaut man sich das Ganze aber mit genügend Abstand an, kann man fast Mitleid kriegen – weil eines stimmt für die SPÖ wie für keine andere Partei: Es kommt (scheinbar) nix G‘scheiteres nach.
Manch einer trauert da jetzt sogar der Ära Faymann hinterher, in der es dem Chef trotz koalitionärer Zwangsjacke noch gelang mit zumindest 84% vor den eigenen Mitgliedern zu reüssieren. Ja, das waren noch Zeiten und aus heutiger Sicht ein Traum-Ergebnis. Für damalige Verhältnisse aber ein Riesen-Dämpfer, der für lange Gesichter und miese Stimmung sorgte. Ich weiß noch, wie schnell die Regie da Andreas Bourani‘s Jubelhymne „Auf uns“ wieder abgedreht hat. Peinlich.
Du ziehst da geschlagen wie ein nasser Hund davon.
Nicht ein Türkiser im Haus und trotzdem kriegt die SPÖ nichts durch
Kein Wunder also, dass sich viele in Erwartung von Rendis Debakel schon vor der Antrags-Abnickerei aus dem Staub gemacht hatten. Dass aber ein Parteitag mangels Beschlussfähigkeit sogar abgebrochen werden muss, das ist meines Wissens neu. Eine Partei wie ein Schrecken ohne Ende und natürlich: Peinlich, peinlich.
Nicht ein Türkiser im Haus und trotzdem kriegt die SPÖ ihre Anträge nicht durch – was will man da den Wählern noch anbieten? Vielleicht einen einfacheren Zugang zur Staatsbürgerschaft für Migranten? Ach nein, die Idee hatte Rendi ja schon. Mitten in der Türkisen Chat-Krise. Die Lichtenfelsgasse dankt.
Mangelnde Reife der Genossen
Und dann ist da noch die Sache mit der innerparteilichen Demokratie. Beziehungsweise der sozialdemokratische Kriegsfuß auf dem sie steht. Denn wenn ein Landesparteivorsitzender einer demokratischen Partei, ja der Partei, die für sich reklamiert das freie, geheime und gleiche Wahlrecht erkämpft zu haben, jeden als „unreif“ beschimpft, der dieses am Parteitag ebenso frei und geheim, jedoch anders als von oben gewünscht, ausübt, dann besteht Erklärungsbedarf. Derselbe Erklärungsbedarf übrigens, wie ihn Bau-Holz-Gewerkschaftsboss Beppo Muchitsch hat, der pauschal „grauslige Feigheit“ unterstellt, wenn Kritik in der Wahlzelle, nicht aber auf offener Bühne geübt wird.
Dazu nur ein Satz lieber Beppo: In der SPÖ mit offenem Visier zu kämpfen bringt dir nur eines: Den ersten Platz auf der Abschussliste – vertraue mir, ich weiß, wovon ich rede. Da ist die geheime Wahl sowas wie die letzte Möglichkeit zur Notwehr.
Mit Demokratie fluten
Vielmehr aber als den kümmerlichen Rest innerparteilicher Meinungsbildung zu diskreditieren und mit demokratiefeindlichen Äußerungen auch noch an den Grundfesten unseres politischen Systems zu rütteln, wäre es an der Zeit, die SPÖ mit „Demokratie zu durchfluten“ wie es einst so mutig von der Sozialistischen Jugend gefordert wurde. Und anstatt oberlehrerhaft, Orchideenthemen predigend, an der Lebensrealität der Menschen vorbei zu moralisieren, wären die Genossen gut beraten, den „Mann“ und die „Frau“ von der Straße wieder ernst zu nehmen. Ruth Pauli hat dazu ein paar echt treffende Zeilen geschrieben.
Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.
Kommentare
Die Sozialdemokratie schaut im bunten Regenbogen-Zeitalter, wo jeder jung, cool und geil ist, sehr alt aus.
Keine Angst, vor der Wahl wird wieder die ORF-SPÖ-Industrie wieder “richtig” auf 100% anlaufen. Vielleicht kommt auch das Büro f. Daseinvorsorge mit einer Lieferung: Silberstein Re-loaded. Als Weihnachtsgeschenk bietet sich natürlich auch ein Kreativität-Bausatz: Wie schneide ich mir ein “Ibiza”-video selbst. Die -Kinder der “Aktivisten” müssen nicht immer nur das Spiel: “Reiche erschießen” haben.
Die Wahrheit-Inhaber haben bei den “Grünen*inen”&Neos*inen eine starke Konkurrenz, eigentlich sind das exSPÖ-ler*innen. Heutige SPÖ ist ein Tanz auf Drei Hochzeiten…
Also ich weiß nicht, mir kommt der Abgesang auf die SPÖ etwas zu früh. Neuwahlen werden schneller kommen als viele glauben und ich halte es nicht für ausgeschlossen dass der Kickl eine linke Minderheitsregierung unterstützt um den Kurz zu verhindern, wie bereits von ihm angedeutet. Und dann ist die Pam Kanzlerin.
Noch schlimmer könnte es wohl nicht kommen!
Also in Wien haben sich aufgrund der jahrelangen Koalition mit den Grünen auch viele SPÖler zu einem BoBo Utopia Verein entwickelt.
Ludwig hat da noch rechtzeitig gehandelt und sie rausgeworfen weil dieses bequeme Moralisieren und utopische Gelaber aus dem Speckgürtel raus hat auf viele SPÖler abgefärbt.
Und da stehen sie nun und wundern sich. Dosko und Ludwig sind die einzigen Normalos die es da noch gibt. DEr Rest kann gleich zu den Grünen wechseln.
Klammern wir jetzt einmal die Frage aus, ob Kurz sympathisch, kalt, berechnend, böse, rechts, und so weiter ist.
Welche Führungsfiguren oder annähernd führungsfähige Figuren haben wir denn zurzeit in Österreich? Welche denn?
Natürlich gäbe es da einige, aber auf Bundesebene haben wir zurzeit nur BK Kurz, egal, was man von ihm halten will.
Die anderen Parteiobmänner und -männinen sollten wir öffentlich nicht mehr runtermachen als nötig , aber sie bringen es nicht, am wenigsten die persönlich durchaus nette Rendi-Wagner und die viel zu Überdrüberschrille (wie heißt sie doch gleich) von den Rosaroten.
Nö. Dass Kurz vorne ist und die Roten hinten, ist klar dem Empfinden der Österreicher geschuldet.
Sie meinen vermutlich die Reindl-Meisinger oder so 😉
Wenn es im gleichen Stil mit der SPÖ so weitergeht, dann könnte der letzte Genosse – in nicht so ferner Zukunft – das Licht dieser Partei abdrehen.
Bitte bemühen Sie sich in Ihrem Text um die korrekte Beistrichsetzung. Es ist ein Graus, das so zu lesen.
Besser könnte es der politische Gegner auch nicht beschreiben. Das von einer Frau, die einmal bei den ROTEN war.
Hätten die Genossen mal besser auf sie gehört Frau Holzinger! Aber so wie die Roten aufgestellt sind, fürchte ich, dass es nichts mehr wird. Die guten Leute sind fast alle weg oder ins kleinen Burgenland exiliert – der Rest fährt den Karren genüsslich an die Wand…
Die Migranten sind die neuen Proletarier, so Wiens Ex-Bürgermeister Häupl.
https://www.diepresse.com/5688229/haupl-uber-migranten-das-neue-proletariat
Wenn das stimmt (zweifelt etwa jemand daran?) dann ist die SPÖ natürlich bestrebt, möglichst viele Migranten möglichst schnell einzubürgern und sie langfristig an die Partei zu binden,
https://kurier.at/chronik/wien/spoe-wirbt-bei-abendessen-um-erdogan-anhaenger/401034149
wenigstens so lange bis die Migranten eine eigene musl. Partei gründen und die SPÖ im Regen stehen lassen – so wie jetzt die Arbeiter (Altbürger)
Und dann?
Wer sind dann die neuen Proletarier?
Marsmenschen die zu uns migrieren gibt es nicht …
Fazit: Die Sozialdemokratie wird sich mehr als nur um die strukturellen Schwächen der Partei Gedanken machen müssen.
Die nationalen Parteien sind alle verschwunden oder bedeutungslos geworden. Wird es der SPÖ ähnlich ergehen?