Die Steuerreform ist da und wie üblich ein willkommener Anlass für innenpolitisches Schattenboxen. Geht es nach der amtierenden Regierung – so wie eigentlich bei allen Regierungen und Steuerreformen zuvor auch – dann hätte man das größte Entlastungspaket der jüngeren Geschichte geschnürt. Zudem sei die erstmalige Einführung einer CO2-Bepreisung ein Quantensprung für den Klimaschutz und damit das Lable „öko-sozial“ auch mehr als verdient.

Alles nur ein „riesen Schäh“ (Loacker, NEOS), der zudem weder ökologisch noch sozial (Rendi, SPÖ) sei, tönt es hingegen aus den Reihen der Opposition. Vielmehr handle es sich um ein umfassendes Belastungspaket, das insbesondere der geschundenen, ärmlichen Landbevölkerung das Leben zur Hölle machen würde (Fuchs, FPÖ). Zack – puff! Da geht’s also wieder heiß her.

Auf die Rechts-Rechts-Links-Kombination von Kurz und Kogler folgen „treffsichere“ Lufthaken der Opposition. Stünden sich die Akteure mit vertauschten Vorzeichen gegenüber, es bliebe dasselbe Schauspiel.
Weil eine Regierung muss nicht nur machen, sondern sich selbst für den schwindligsten Kompromiss ganz kräftig loben und eine Opposition, ja die muss kritisieren, was auch immer ihr vorgelegt wird. Soweit die ungeschriebenen Regeln parteipolitischer Überlebenskämpfe. Sieht man sich jedoch an, was da kritisiert wird und was eben nicht, so scheint das Reformpaket den Test durchaus bestanden zu haben.

Ökobonus-Malus

Zankapfel ist vor allem der Klimabonus. Wer den jedoch kritisiert und von einer „Zersiedelungsprämie“ oder einem „Klima-Malus“ für Stadtbewohner spricht, der hat entweder nicht verstanden worum es geht, oder will bewusst irreführen. So hofft man den Lenkungseffekt nicht mittels Zwang und einseitiger Verteuerung zu erreichen, sondern durch eine Veränderung der Kostenstruktur bei den Haushalten.

Der Bonus soll die Mehrkosten durch CO2-Besteuerung auffangen und unterm Strich die Schwarze Null – mehr oder minder – stehen bleiben. Dadurch wachsen Anreize klimaschädliches Verhalten einzuschränken, nach Möglichkeit auf das Auto zu verzichten oder endlich die Heizungsumstellung in Angriff zu nehmen. Das alles wird attraktiver, wenn zunächst auch nur in homöopathischen Größenordnungen, wie NGOs zurecht anmerken. Immerhin, der Preis für die Klimagas-Tonne soll in den kommenden Jahren steigen und mit ihr auch der Bonus.

So und wenn man jetzt Eins und Eins zusammenzählt, dann ist auch klar, dass dort am meisten Mehrkosten abzugelten sind, wo auch am meisten Mehrkosten anfallen – typischerweise am Land und bei Menschen die ganz einfach auf das Auto angewiesen sind, um von A nach B zu kommen. Ganz im Gegensatz zum urbanen Raum, der in der Lage ist, leistungsfähige Öffis bereit zu stellen.
Das wissen natürlich auch die Stadtchefs Luger (Linz) und Ludwig (Wien) aber irgendwas muss man am Ende halt doch von sich geben, wenn man schon Opposition ist.

Enteignungsautomatik bleibt

Ganz anders, jedoch wenig überraschend, sieht es bei der Abschaffung der Enteignungsautomatik – vulgo – „Kalte Progression“ aus.
Sie bleibt unangetastet und wird auch in den kommenden Jahren verlässlich Milliardenbeträge in die Staatskasse spülen. Werden Löhne und Gehälter nämlich angehoben, um den inflationsbedingten Kaufkraftverlust auszugleichen, dann freut das nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch den Finanzminister. Bleiben doch die progressiv gestalteten Stufen der Lohn- und Einkommenssteuer unverändert, was automatisch zu höheren Steuereinnahmen bei annähernd unveränderten Reallöhnen (Kaufkraft) führt.

Und um eines gleich klarzustellen: Dabei geht’s nicht um Peanuts! Wie das Forschungsinstitut Eco Austria vorrechnete, werden allein für die Jahre 2019-2025 zusätzlich Einnahmen von etwa 20 Milliarden Euro über diese schleichende Enteignung prognostiziert. Ein Betrag der sogar die feuchtesten Träume des Sheriffs von Nottingham, des Abzockers der Abzocker, alt aussehen lässt.

So und wer jetzt laut schreit und sagt: „He, das ist doch ungefähr die Summe die man uns armen Schluckern jetzt als große Steuerreform „zurückgibt“, der hat nicht nur Recht, sondern auch den Grund dafür gefunden, warum kaum eine Couleur daran etwas ändern will. Lässt sich doch mit dem so gesammelten Spielgeld wunderbar ein bisschen Füllhornpolitik machen und ideologisch-programmatische Schwerpunkte setzen. Allein die NEOS sprechen sich bisher konsequent für die Abschaffung der kalten Enteignung aus – wenngleich sie auf Bundesebene noch nie die Chance hatten ihre Meinung auf der Regierungsbank zu ändern.

Mein Aufruf: Gute Politik darf nicht vom gerechten und gütigen Herrscher abhängen – sie muss in gerechten Regeln niedergeschrieben werden. Deshalb weg mit der kalten Progression!