Frauenpolitik ist wichtig – eh klar, drum macht‘s auch jeder. Die Parteien, die Volksbegehrer und sowieso alle, die gerne ein paar Wohlfühlpunkte abcashen wollen. Weil schaut man sich die am Tisch liegenden Forderungen an, so bleibt vieles abstrakt. Da geht’s um geschlechtersensible Ausbildung, die Durchsetzung der Frauenquote in Wirtschaft und Politik, eine kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln und vieles mehr. Alles wichtige Punkte, alles unterstützenswert und wie fast eine halbe Million Menschen hab‘s auch ich getan und das Frauenvolksbegehren 2.0 unterschrieben.

Begräbnis erster Klasse.

Selbst wenn das Ergebnis für gelernte Österreicher so vorhersehbar wie ernüchternd war: Nämlich nichts. „Keine einzige der Forderungen wurde bisher vom Parlament umgesetzt“, schreiben dazu die Initiatorinnen auf ihrer Website. KEINE EINZIGE. NULL. Immerhin gibt man sich kämpferisch und gelobt trotz dieses Begräbnisses erster Klasse „dranzubleiben“. Eh ok.

Was da aber noch kommen soll ist fraglich. Der einzige Pfeil im direkt-demokratischen Köcher des Souveräns wurde schon abgefeuert, traf auch mitten ins Ziel, war den „Volksvertretern“ aber leider trotzdem wurscht.
Denn, während unsere Verfassung die Mitbestimmung der BürgerInnen vorsieht, lässt das Konzept „Parteipolitik“ dafür wenig Platz – zumindest nicht dort wo‘s zählt, auf der Regierungsbank. Farbenspiel egal. Ob Blau oder Grün mitregieren, der Bürger, die Frau merkt da keinen Unterschied.

Ja und so ein Volksbegehren mit dem Ziel, endlich die Volksbegehren ernst zu nehmen, das wäre zwar lustig, aber geh bitte, wer soll sich für so eine No-Na-G‘schichte hergeben? Da könnte man gleich eines zu Antikorruption und Machtmissbrauch machen…

Frauenarmut per Gesetzbuch.

Aber egal, darum geht’s nicht. Darum geht’s nämlich wirklich nicht. Denn so nett auch all die ad acta gelegten Forderungen des Frauenvolksbegehrens sind und so gut ihre möglichst rasche Umsetzung wäre, gehen sie doch an struktureller, willkürlicher und politisch gewollter Frauendiskriminierung vorbei.
Und das hat auch einen Grund – hier geht’s nämlich ins Detail, wird kompliziert und wer‘s nicht versteht, den zieht der Finanzminister eben ratz-fatz über den Tisch. Binnen-I und Frauentag hin oder her.
Oder anders gesagt: Aktuell wird rd. 100.000 Müttern, 43 Millionen Euro pro Jahr (!) zu wenig an Pension ausbezahlt. Eine Zahl, die bis 2035, also dann, wenn die Pensionsreform voll greift, auf etwa 700.000 betroffene Frauen und die astronomische Summe von jährlich (!!) rd. 320 Mio. Euro ansteigen wird.

Geld, das den Frauen zusteht, ihnen aber per Gesetz vorenthalten wird. Geld, das die politisch vielbejammerte Altersarmut bei Frauen abfedern könnte, ihnen aber schlicht und ergreifend nicht ausbezahlt wird. Stellt sich die Frage wie denn das möglich ist?

Es ist kompliziert.

Das ist etwas kompliziert, aber eigentlich ganz einfach. Die Pensionsreform (Pensionsharmonisierungsgesetz 2004/05) legte fest, Müttern bis zu 48 Monate an Kindererziehungszeiten pro Kind zur Pension anzurechnen.

Was super ist, weil sich nachwuchsbedingte Unterbrechungen im Erwerbsleben natürlich negativ auf Karriere, Einkommen und damit auch auf die Pension auswirken. Klaro!

Das Problem dabei ist nur, dass man offensichtlich willkürlich auch festgelegt hat, überlappende Kindererziehungszeiten nur einmal anzurechnen. Und das (wichtig!) völlig unabhängig davon, ob die betroffene Mutter einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder nicht und auch völlig unabhängig davon, wie lange die Mutter tatsächlich beim Kind zu Hause bleibt.

Scheinbar weil dem Gesetzgeber der Abstand nicht gefällt, in dem eine Frau ihre Kinder bekommen hat, werden Erziehungszeiten einfach gestrichen. Die volle Anrechnung gibt’s erst wenn zwischen den Geburten vier Jahre liegen. Eine Riesensauerei!

Christine kriegt 16.000€ weniger.

Konkret bekommt „Christine“ dadurch in 20 Pensionsjahren etwa 16.000€ weniger ausbezahlt als „Berta“ und das, obwohl beide 3 Kinder großgezogen haben. Auch waren beide 3 Jahre ihres Lebens in Karenz und haben 35 Jahre Vollzeit gearbeitet. Der einzige Unterschied: Berta hat ihre Kinder mit jeweils 4 Jahren Abstand bekommen, so wie es der Gesetzgeber wünscht (warum auch immer). Christine hingegen, wollte so wie viele Frauen in unserem Land nur zwei Jahre Abstand lassen. Pech für sie, denn das kostet. Völlig willkürlich, völlig irre, völlig frauenfeindlich, diskriminierend und alles. Aber gelebte Realität im Staate Österreich.

Da fällt einem das Gendersternchen aus der Krone.

Und weil das Ganze halt nicht so einfach zu verstehen ist, wie der Kampf ums Gendersternchen, Binnen-I oder die Doppelpunkt-Trennung und was es da noch alles an überschaubar sinnvollen Ideen gibt, kümmern die verlorenen Millionen niemanden.

Bis halt auf ein paar unermüdliche Frauenpolitikerinnen fast jeder Couleur. Ingrid Korosec (ÖVP), Anneliese Kitzmüller (FPÖ), Maria Buchmayer (Grüne) und Gabi Heinisch-Hosek (SPÖ) kämpfen dafür – aber leider auch innerhalb ihrer Parteien auf verlorenem Posten. Warum? Weil‘s die Leute nicht interessiert, weil politisch damit kein Stich zu machen ist. Wenn ihr mich fragt, wäre es an der Zeit das zu ändern, oder? Also: Her mit dem Zaster, her mit der Marie. Weil es den Müttern zusteht!

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.