Die schlechteste Regierungsform.

Opposition ist lästig, so viel ist klar. Die reden immer dagegen, finden jedes Haar in der Suppe, lieben es Erbsen zu zählen und setzen trotz allem nichts um. Wofür leisten wir uns den ganzen Spaß also eigentlich?
Die Antwort aber liegt auf der Hand: „It’s Democracy. Stupid!“
Und weil Demokratie, wie uns Churchill lehrte, die schlechteste aller Regierungsformen ist, abgesehen natürlich von allen anderen, die wir in ungefähr 4000 Jahren menschlicher Hochkultur ausprobiert haben, braucht es das Dagegensein (dürfen). Es braucht den Advocatus Diaboli und Leute deren Job es ist, Regierungsvorlagen, Gesetze und soziale Realitäten nach Schwachstellen und Ungerechtigkeiten abzuklopfen. Nur so kann man besser werden, blinde Flecken verkleinern, Einseitigkeiten abstellen und ein größtmögliches Maß an Gemeinwohl und individueller Freiheit sichern.

Große Verantwortung.

Natürlich ist diese Rolle aber auch mit großer Verantwortung verbunden. Dagegensein allein reicht nicht. Wer das so verkürzt betrachtet wird scheitern – ganz einfach. Entweder weil sich das eigene politische Profil, in dichotomer Beliebigkeit auf eine Antithese zur Regierung verkürzt, was den Menschen auf die Dauer natürlich (und völlig zu Recht!) zu wenig ist.
Oder aber das genaue Gegenteil davon. Dann nämlich, wenn man den wunden Punkt erwischt, sich selbst plötzlich als Wahlgewinner in der Regierung wiederfindet und erstmals gezwungen ist, populären Ansagen auch Taten folgen zu lassen. Für viele traditionelle Oppositionsparteien ein Aufschlag am Boden der Realität.

Zweimal Blau, einmal Grün?

Einer der durchaus auch hart sein kann, wie uns die Freiheitlichen wohl eher un-frei-willig vor Augen führten. Zweimal haben sie in jüngster Vergangenheit den Sprung in die Regierung geschafft und zweimal hat sie diese Herausforderung binnen weniger Jahre auf offener Bühne zerrissen.
Ob den Grünen – abgesehen mal vom Strache-Spezifikum Ibiza – ein ähnliches Schicksal droht, oder sie den Spagat zwischen oppositioneller Partei-DNA und Koalitionsräson meistern, wird sich zeigen.
Noch ist die Regierung jung, noch ist alles offen, auch wenn Koglers Truppe nicht unbedingt auf Erfolgskurs steuert und insbesondere bei der Migrationsfrage zunehmend unter Druck gerät.

Systemfrage.

Was bleibt ist ein systemisches Dilemma. Regierung und Opposition sind aufeinander angewiesen, um sowas wie gute Politik zu machen. Gleichzeitig verbieten die Regeln unseres auf Dauerwahlkampf ausgerichteten Systems jegliche konstruktive Zusammenarbeit. Eine Regierung nämlich, die Oppositionsinitiativen lobt oder gar deren Anträge umsetzt, läuft Gefahr abgewählt und durch ebenjene ersetzt zu werden, die es offensichtlich ja besser können.
Gleiches gilt für die Opposition, die sich deshalb im besten Falle an das Mantra „nix gesagt, ist gelobt genug“ hält.
Unterm Strich baut das enorme Hürden auf und wer immer die Möglichkeit hat, oder gezwungen ist die Seiten zu wechseln, wird sich in feindlicher Umgebung wiederfinden. Freiheitliche wie Grüne in einem Regierungssetting, das ihren eigenen oppositionellen Ansprüchen niemals genügen wird können. Oder auch die SPÖ in einer Rolle, die sie noch vor wenigen Jahren als destruktiv und populistisch abkanzelte.

Das System ändern – Parlament als Innovationsmotor!

Einer allein kann das nicht ändern. Wer sich so wie Matthias Strolz in seinen Anfangsjahren vorgenommen hat, zumindest dort oder da auch einmal etwas Positives zu sagen, der wird bald feststellen, dass das Lob nicht zurückkommt. Dann wir er es lassen und schließlich die Politik entsprechend verbittert verlassen.
Will man tatsächlich etwas ändern brauchts einen systemischen Ansatz und endlich den versprochenen neuen Stil. Deshalb weg mit dem Koalitionszwang – lassen wir das Parlament arbeiten! Gelten soll dieser nur noch für konkrete Projekte und Vorhaben laut Koalitionsvertrag. Bei allen anderen Fragen aber soll das Parlament entscheiden, Volksvertreter im Spiel der freien Kräfte und so wie von der Bevölkerung gewählt. To Discuss!

Mit nur 26 Jahren zieht Daniela Holzinger-Vogtenhuber erstmals in den Nationalrat ein. Bald als SPÖ-Rebellin bekannt, stellte sie sich mehrfach gegen den Klubzwang und trat letztlich erfolgreich für die Stärkung parlamentarischer Kontrollrechte ein. 2017 bricht sie endgültig mit ihrer ehemaligen Partei, kann ihr Mandat bei den vorgezogenen Neuwahlen jedoch behaupten. Diesmal parteiunabhängig über ein Ticket der Liste JETZT, wo sie zur „fleißigsten“ weiblichen Abgeordneten des Parlaments avancierte. Heute ist Holzinger-Vogtenhuber Seniorpartnerin einer Agentur für Politikberatung und leidenschaftliche eXXpress-Kolumnistin.