Wir Brückenbauer

Österreich als Brückenbauer, als der Ort, an dem sich Weltmächte treffen, um Krisen zu entschärfen, die es ohne sie gar nicht gäbe. Das war einmal. Oder doch nicht?

1961 lud Bundespräsident Adolf Schärf die Führer von West und Ost zum Handshake ins Schloss Schönbrunn. Etwas mehr als ein Jahr später standen dann Sowjet-Raketen auf Kuba und die Welt kurz vorm Untergang. Was haben wir da bloß angerichtet?

Ziemlich sicher gar nichts. Wer glaubt, dass unser kleines Land jemals mehr als das neutrale Postkartenidyll am Eisernen Vorhang war, der irrt.

Schnitzel, Kaiserschmarrn und Sissi-Kult haben einen gewissen Zauber, Nuklearmächte einzulullen geht sich damit aber ganz einfach nicht aus.

Wahre Verdienste

Österreichs wahre Verdienste um Frieden und Menschlichkeit waren und sind anders gelagert.

Schon ein Jahr nach Unterzeichnung des Neutralitätsgesetzes hat unser Land Rückgrat bewiesen und 180.000 Ungarinnen und Ungarn Zuflucht gewährt, als sowjetische Panzer ihren Aufstand für Demokratie und Selbstbestimmung blutig niederwalzten.

1968 dann die nächste Bewährungsprobe: Während des Prager Frühlings hofften Bürgerinnen und Bürger der Tschechoslowakei auf einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“. Auch sie wurden enttäuscht und Opfer von Moskaus Panzer-Diplomatie. Hunderttausenden gelang abermals die Flucht in den Westen. Wieder halfen wir, mit Spenden, Kleidung, Medikamenten und Unterkünften.

Schon damals kein Widerspruch zu unserer noch jungen Neutralität: „Sie hindert uns in keiner Weise daran, zu den Ereignissen in Europa und der ganzen Welt in dezidierter Weise Stellung zu nehmen.“, erklärte einer, der es wissen musste: Bundeskanzler Bruno Kreisky, als Staatssekretär war er selbst federführend an den Verhandlungen des Staatsvertrages und der Ausgestaltung unserer Neutralität beteiligt.

Sobotka brilliert

Kurioserweise war es Donnerstag letzter Woche nun Parlamentspräsident Sobotka, der ein paar Schritte in den übergroßen Fußstapfen des roten „Sonnenkönigs“ wagte und mit Selenskyjs Einladung nahtlos an goldene Zeiten österreichischer Solidaritätspolitik anschloss.

Der Ukraine versicherte er unsere „politische, finanzielle und humanitäre Unterstützung“ im Kampf um „territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit“. Sobotka bedankte sich für den Widerstandswillen des ukrainischen Volkes und dafür, in diesem Krieg auch unsere geteilten, europäischen Werte zu verteidigen.

Nicht allen Angehörigen des Hohen Hauses gelang es an diesem Tag ähnlich zu brillieren wie ihrem Vorsitzenden.

Top Flops:

Die Freiheitlichen zogen geschlossen aus und ließen ihre 10.000€ Jobs von Papptaferln erledigen. Darauf in großen Lettern zu lesen: „Platz für Frieden“, „Platz für Neutralität“ und mutmaßlich im Kleingedruckten: „*mit freundlicher Genehmigung unserer Partnerpartei >Einiges Russland<“.

Zumindest konsequent denke ich mir. Freundschaftsvertrag mit Putins Partei, ist halt kein Zuckerschlecken und erfordert gewisse Zugeständnisse, diese gegen die Interessen des eigenen Landes bei allen Abgeordneten durchdrücken zu können, zudem Organisationsgeschick und Führungsstärke.

Zwei Qualitäten die Bruno Kreiskys Erben aktuell nicht im Repertoire haben. Lediglich 18 von 40 Abgeordneten schafften es rechtzeitig zur Rede des Präsidenten. Um Aus-Reden war man hingegen nicht verlegen: Vize-Klubchef Leichtfried wollte im Fernbleiben seiner Abgeordneten einen Protest gegen Wolfgang Sobotka erkennen.

Die selbsternannte queere Stimme des roten Klubs Mario Lindner, konnte sich nicht mehr genau erinnern, ob er um 9 Uhr morgens auf einer Geburtstagsfeier war, oder doch beim Zahnarzt. Wieder andere gaben an, „wichtigere Termine“ wahrgenommen zu haben. Ehrlich? Wichtigere Termine als die Rede eines europäischen Staatschefs zu hören? Eines 40 Mio. Einwohner Staates, deren Bürger und Bürgerinnen sich seit über einem Jahr gegen den völkerrechtswidrigen Überfall auf ihr Land zur Wehr setzen. Wirklich?

Liebe ferngebliebene Genossen. Am 30. März 2023 war Wolfgang Sobotka mehr Sozialdemokrat als ihr es jemals sein werdet. Eine traurige Wahrheit. Kommt damit klar.

Und Selenskyj?

Der nutzte seine kurze Schaltung, um sich bei unserem Land zu bedanken. Für geleistete humanitäre Hilfe. Für die Aufnahme verletzter Zivilisten und ihre Versorgung in unseren Spitälern. Für gespendete Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge. Für Decken, Helme, Medikamente. Kurz: Für all die Menschenleben, die unser Land damit helfen konnte zu retten.

Eine Rede, die man sich eigentlich auch anhören hätte können.