Wer geglaubt hat, mit der nun aus Kanada zugelieferten und reparierten Turbine werde wieder “business as usual” herrschen, wird eines besseren belehrt. Nachdem Moskau die Lieferungen über Nord Stream 1 im Juni auf 40 Prozent gedrosselt wegen einer fehlenden Turbine, werden die nun auf nur mehr 20 Prozent gesenkt. Das teilt der russische Gaskonzern Gazprom am Montag via seinem Telegramkanal mit.

Die unausgesprochene Botschaft Russlands scheint klar sein: Wer nicht gefügig ist, sondern sich widerspenstig zeigt, der kriegt auch weniger Gas. Russlands Nachbarländer können von dieser Politik seit Jahrzehnten ein Liedchen singen. Für Europa ist die Erfahrung neu. Jahrzehntelang durfte sich der Kontinent über verlässliche und billige Lieferungen aus Russland freuen – damit ist es nun vorbei.

Der russische Gaskonzern Gazprom senkt somit die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 weiter. Es werden noch 20 Prozent bzw. 33 Millionen Kubikmeter Gas täglich durch die wichtigste Versorgungsleitung nach Deutschland fließen. Offizieller Grund: die Reparatur einer weiteren Turbine.

Gazprom trotz kanadischer Turbine unzufrieden

Zuvor hatte der russische Energiekonzern bereits wissen lassen: Trotz der erhaltenen Begleitdokumente für die von Kanada zurückgelieferte Turbine sieht er weiterhin Risiken für deren Einbau in die Pipeline Nord Stream 1. “Gazprom hat die betreffenden Dokumente studiert, muss aber konstatieren, dass sie die vorher genannten Risiken nicht lösen und zusätzliche Fragen hervorrufen”, teilte das Unternehmen am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit.

Gazprom fordert, dass die Turbine aus dem Wirkungsbereich der kanadischen Sanktionen herausgenommen wird. Dies müsse auch dokumentiert sein, ansonsten stelle der Betrieb ein erhebliches Sanktionsrisiko dar, teilte das Unternehmen mit. Zudem blieben Fragen zu den Sanktionen vonseiten der EU und Großbritanniens offen, die wichtig für die Lieferung dieser Turbine und die Reparatur weiterer Aggregate der Ostseepipeline seien.

Berlin wollte dem Kreml den Vorwand für Lieferkürzungen nehmen

Moskau hatte im Juni die Lieferungen über Nord Stream 1 auf 40 Prozent gedrosselt und dies mit der fehlenden Turbine begründet, die in Kanada repariert, dann aber wegen der Sanktionen zunächst nicht mehr an Russland zurückgegeben wurde. Ottawa hatte dann auf Bitten Berlins die Maschine an Deutschland übergeben. Die deutsche Bundesregierung will so dem Kreml einen Vorwand für Lieferkürzungen nehmen. Allerdings hatte Russlands Präsident Wladimir Putin zuletzt neue Senkungen angedroht und dies mit der nötigen Reparatur weiterer Turbinen begründet.