Am 1. Oktober feierte Portugal seinen „Freedom-Day“ und fuhr die Corona-Einschränkungen auf ein Minimum zurück: Künftig dürfen die Portugiesen Restaurants, Hotels und kleine Geschäfte wieder ohne Maske betreten – ein Impfnachweis ist nicht notwendig. Auch Bars und Diskotheken sind wieder geöffnet. Zu verdanken haben das die Portugiesen dem Vizeadmiral Henrique Gouveia e Melo. Der ehemalige Befehlshaber der Marine und Logistikexperte wurde im Februar zum Chef der Impfkampagne ernannt und führte sie mit militärischer Präzision zum Ziel: Ende September trat er ab. Das Ziel, 85 Prozent der Bevölkerung zu impfen, war erreicht.

„Ich habe der Bevölkerung klargemacht, dass wir uns im Krieg gegen das Virus befinden und uns zusammentun müssen, um gegen es zu gewinnen und unsere Kinder davor schützen“, erklärt Gouveia e Melo im Gespräch mit „Welt“ den Erfolg. Seine Kriegsrhetorik unterstrich er mit dem Tarnanzug und den Schnürstiefeln, die er bei jedem öffentlichen Auftritt trug.

Der ehemalige Befehlshaber der Marine überzeugte mit militärischer DisziplinAFP

"Der Virus ist der Mörder"

Auch für Impfgegner hatte Gouveia e Melo sein ganz persönliches Rezept: „Rationalität gewinnt gegen Irrationalität“, sagt er und erzählt, wie er einmal vor einem Impfzentrum ruhig und ohne Schutz durch eine Gruppe aggressiver Anti-Vax-Demonstranten ging, die ihn als Mörder bezeichneten. „Ich habe dann vor den Kameras ganz ruhig gesagt, dass der Mörder das Virus ist und diese Menschen ihm helfen.“ Auftritte wie diese kamen gut an und führten dazu, dass die ohnehin schon geringe Impfskepsis auf ein Minimum schrumpfte.

Der Krieg ist noch nicht gewonnen

Auch Impf-Skeptiker konnte er immer wieder überzeugen - doch nun warnt er davor, die Bevölkerung zu "überimpfen"Reuters

Die Zukunft bereitet ihm trotzdem Sorgen, denn Gouveia e Melo glaubt, dass es ein Irrweg sei, nun die gesamte Bevölkerung mit einer dritten Dosis zu versorgen. „Wir überimpfen die Bevölkerung und vergessen dabei, dass ein großer Teil der Welt noch gar keine Impfung erhalten hat. Das ist aus moralisch-ethischen und strategischen Gründen ein Fehler.“

Denn erstens hätten alle Menschen gleichermaßen Anspruch auf den Impfstoff, egal, wo sie geboren seien. Und zweitens könnte unter diesen Umständen eine kompliziertere Virusvariante entstehen, die noch mehr Schaden anrichtet. „Ich mache mir Sorgen, weil wir nur eine Schlacht und noch nicht den ganzen Krieg gewonnen haben“, schließt Gouveia e Melo.