Auf den deutschen Baustellen hat sich das Materialproblem im Mai einer Umfrage zufolge nochmals verschärft. Im Hochbau berichteten 43,9 Prozent der Firmen von Problemen, rechtzeitig Baustoffe zu beschaffen, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts hervorgeht. Im April waren es noch 23,9 und im März sogar nur 5,6 Prozent gewesen.

Lieferengpässe und Rohstoffpreise bereiten Sorgen

Der Tiefbau ist derzeit mit 33,5 Prozent etwas weniger stark betroffen, im April hatten dort aber nur 11,5 Prozent der Betriebe von Engpässen berichtet. “Noch ist die Kapazitätsauslastung der Branche hoch”, sagte Ifo-Experte Felix Leiss. “Aber die Lieferengpässe machen immer mehr Unternehmen Sorgen.”

Auch rasant steigende Rohstoffpreise machen der Branche zu schaffen. “Die Preise für Schnittholz sind in den letzten Monaten nahezu explodiert, die Sägewerke kommen nicht hinterher”, sagte Leiss. “Auch Stahl hat sich erheblich verteuert.” Dämm-Materialien und verschiedene Kunststoffe seien zudem knapp.

Vier von fünf Herstellern melden längere Voraufzeiten

Die Baubranche verfolgt das kritisch. “Wir haben eine stabile Auftragslage”, sagte Stephan Rabe vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB). Im März meldeten die Unternehmen einen Rekordauftragsbestand von 62 Mrd. Euro. “Die Pipeline ist voll, die Unternehmen sind sehr gut ausgelastet.” Bisher rechnet der Verband mit stagnierenden Umsätzen in diesem Jahr. “Wenn die Beeinträchtigungen über die Jahresmitte hinaus anhalten, die Materialknappheit zunimmt, ganze Baustellen geschlossen werden müssen und die aufgerufenen Preise weiter steigen, dann macht sich das negativ bemerkbar”, sagte Rabe. Dann könne die Umsatzprognose nicht gehalten werden.

Die Unterbrechungen im Betriebsablauf durch Lieferengpässe haben sich auch in der deutschen Industrie insgesamt ausgeweitet. “Mittlerweile melden fast vier von fünf Herstellern längere Vorlaufzeiten für ihre Rohmaterialien”, sagte Ökonom Phil Smith vom Institut IHS Markit, das monatlich Hunderte Manager befragt. Eine wachsende Zahl von Unternehmen beklagte negative Folgen für Produktion und Neugeschäft durch die erzwungenen Ausfallzeiten. Die Engpässe gehen Hand in Hand mit einem weiteren Anstieg des Kostendrucks. 90 Prozent der Hersteller – so viele wie noch nie in der rund 25-jährigen Geschichte der Umfrage – berichteten von gestiegenen Einkaufspreisen. Die Hersteller seien wegen der insgesamt starken Nachfrage in der Lage, einen Teil durch eigene Preiserhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben. (APA/Red)