Für Psychoanalytiker wären diese 454 Seiten auf alle Fälle hochinteressant: Thomas Schmis (46), ein früherer Pressesprecher eines ÖVP-Vizekanzlers, schafft es plötzlich in eine einflussreiche Position – und schreibt nur wenige Monate später selbst in einem Chat mit seiner Mama am 9. Dezember 2017: Er müsse ja Generalsekretär bleiben, “weil sonst niemand das Finanzministerium führen kann”. Thomas Schmid wörtlich: “Es gibt niemanden (Anm.: außer ihm). Und wer soll dann das Budget machen?”

Und der Mann, der jetzt seinen langjährigen Förderer belasten will, gibt bei der geheim gehaltenen Einvernahme durch die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) in Graz zu, dass er lügt: Auf Seite 227 dokumentieren die Staatsanwälte, dass es für Schmid “Angeberei” war, als er in einer Textnachricht Sebastian Kurz von einer angeblichen Einschüchterung eines hochrangigen Vertreters der Kirche berichtet hat. Bekanntlich wurde genau dieser Chat ausführlichst von manchen Medien verwendet, um dem Ex-Kanzler zu schaden.

Das Einvernahme-Protokoll von Thomas Schmid

454 Seiten dickes Einvernahme-Protokoll

Gleich zu Beginn des Einvernahmeprotokolls ist nachzulesen, wie Thomas Schmid seine Beichte den Staatsanwälten erklärt: “Ich möchte die Verantwortung dafür übernehmen, was ich gemacht habe, möchte aber nicht das Bauernopfer für diejenigen sein, die versuchen, sich jetzt an mir abzuputzen und mir alles alleine umzuhängen. Das ist nicht nur Sebastian Kurz, sondern das sind auch andere, wie etwa andere Finanzminister unter denen ich gearbeitet habe.”

Auf 454 Seiten schildert dann Thomas Schmid seine Sicht zu bekannten Fällen wie Beinschab-Tool & Inserate, CASAG, die ÖBAG-Besetzung, sowie eine Postenvergabe bei einem Finanzamt in Braunau und mögliche Interventionen von zwei prominenten Unternehmern in brisanten Steuer-Themen.

Laut Schmid sei klar, wer die Idee für das Beinschab-Tool geliefert hat ...

"Rene, Du Mr. 64 Meter. Irre"

Speziell ein Fall sticht unter den vielen Seiten und vielen Anschuldigungen heraus – und er sagt auch sehr viel über die Glaubwürdigkeit von Schmid als möglicher Kronzeuge aus: Das emsige Engagement des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium für den Immobilien-Milliardär Rene Benko.

Wie berichtet, wirft die Justiz Benko vor, Schmid mit der Aussicht auf einen 300.000-Euro-Job als Generalbevollmächtigter der Signa-Gruppa dazu überzeugt zu haben, in seinen zwei heiklen Steuer-Fällen zu “helfen”. Dabei ging es konkret um die Bewertung von Immobilien im “Goldenen Quartier” in Wien und um einen Privatjet.

Schmid – damals einer der höchsten Finanzbeamten der Republik – ging auf das Spiel ein und schrieb auch seiner Mutter über das Job-Angebot: Er ließ sich den möglichen Vertrag zeigen und auf jettete zu einem besuch auf die vor Ibiza liegende Yacht von Rene Benko. “Rene, Du Mr. 64 Meter. Irre”, chattete Thomas Schmid dazu mit dem Immobilien-Unternehmer und Miteigentümer der Kronen Zeitung, der sich auch im November im Chorherr-Prozess als Angeklagter verantworten muss – für Benko und Schmid gilt die Unschuldsvermutung.

Ein Teil der Chat-Konversation von Schmid mit Rene Benko.

Schmid erzählt der Justiz, welche Chats er gleich löschen wollte

Und noch ein Teil dieser Aussagen des Ex-Generalsekretärs im Finanzministerium, der Abendessen und Yachtausflüge mit bedeutenden Unternehmern genoss, durchaus interessant: So sagte Thomas Schmid den Staatsanwälten ganz offen, welche Chats er gleich im Herbst 2019 löschen wollte – und half damit diesen Personen (darunter drei Ex-Ministern und einem Zeitungsherausgeber) nicht wirklich. Außerdem schwärzte Schmid dann auch noch einen bekannten Wiener Lobbyisten an, der laut seiner Meinung dem Finanzministerium “zu viel verrechnet” hat: Der umtriebige Unternehmer bekam 100.000 Euro für die Beratung des damaligen Finanzministers . . .

Sebastian Kurz hat – der eXXpress berichtete – bereits auf die Aussagen von Thomas Schmid reagiert: “Er hat schon öfter Menschen belogen”, meinte der Ex-Kanzler über den früheren Generalsekretär.

Wird die genannten Personen besonders freuen: Die Auflistung der Chat-Partner, deren Texte gleich gelöscht worden sind - könnte sein, dass die WKStA nun an ihnen besonderes Interesse zeigt.
Aus dem Protokoll: "Keine Freundschaft zu Kurz", sagt Schmid vor der Justiz.
Debatte: Wer bereits verwanzt sein könnte ...
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