“Bei diesen Ermittlungen der Justiz zu einem möglichen Verdacht von Inseraten-Korruption wird mit Atomraketen auf Spatzen geschossen”, schüttelt ein bekannter Anwalt für Strafrecht im Gespräch mit dem eXXpress den Kopf. Offiziell will an dem Vorgehen der Wirtschafts- und Korruptionstatsanwaltschaft (WKStA) aber niemand Kritik üben: “Sie wissen ja eh, warum . . .”

Die Staatsanwaltschafts-Sondereinheit wird bereits gefürchtet: Von Unternehmern, Politikern und auch vielen Anwälten – immerhin drohen bei WKStA-Amtshandlungen jahrelange Ermittlungen, dazu eine massive Rufschädigung und auch extrem hohe Ausgaben für die Verteidigung.

Wie diese Sondereinheit, für die Justizministerin Alma Zadic (Grüne) weisungsberechtigt ist, gegen mögliche Tatverdächtige vorgeht, belegen jetzt zahlreiche Protokolle der Hausdurchsuchungen vom 6. Oktober, die nun der eu-infothek.com und dem eXXpress zugespielt worden sind.

Ermittler kamen durch "vom Wind aufgedrückte Gartentür"

Nachdem der eXXpress aufgedeckt hat, wie ein WKStA-Staatsanwalt in seinem Hausdurchsuchungs-Akt über die “chaotischen Zustände” in der Wohnung der in der Causa Kurz beschuldigten Demoskopin Sabine Beinschab hergezogen ist, zeigt jetzt auch das Protokoll der Razzia an der Privatadresse der bekannten Meinungsforscherin und früheren Bundesministerin Sophie Karmasin in Klosterneuburg.

Sieben Kripobeamte des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung und des Landeskriminalamts Niederösterreich schlichen sich mit dem Staatsanwalt durch “eine Gartentür, die der Wind aufgedrückt” hätte um 6.15 Uhr zum Durchsuchungsobjekt. Die Gruppe überraschte den Ehemann der Ex-Politikerin in der Küche, wenig später wurden auch schon der früheren Bundesministerin, die nur im Morgenmantel bekleidet war, erste Fragen gestellt.

"Sie hoffe, wir würden nichts finden."

“MMag. Dr. Karmasin wirkte tatsächlich überrascht, dass bei ihr eine Hausdurchsuchung stattfinde”, schreibt dazu der Staatsanwalt in sein Dossier. Sie hätte auch die “Vorwürfe verstanden”, danach “wurde ihr die Möglichkeit gegeben, sich weiter anzukleiden”.

Während die Razzia bereits lief soll Sophie Karmasin zu den Ermittlern gesagt haben, dass sie “nicht im Zentrum” gewesen sei. Und die jetzige Unternehmerin ließ dann die Ermittler aufhorchen – der Staatsanwalt schrieb in sein Protokoll: “Sie hoffe, wir würden nichts finden. Sie habe keine Unterlagen zur Vereinbarung. Sie wisse nichts von einer Vereinbarung.”

Aus dem Hausdurchsuchungs-Protokoll, das dem eXXpress vorliegt

Auf PC Korrespondenz mit Beinschab

Die Kripo-Beamten durchstöberten  in vier Stunden laut Protokoll “Keller, Erdgeschoß, Obergeschoß, die Garage, die Gartenhütte und den Pkw”, danach fuhren die Ermittler zur Geschäftsadresse in die Wiener Innenstadt. Was im Haus von Karmasin gefunden wurde: “Zwei Notizbücher mit möglicherweise relevanten Inhalten” (Zitat). Im Büro nahmen der Staatsanwalt und seine Helfer einen PC mit. Es sei darauf eine Korrespondenz mit der zweiten in den Fall involvierten Meinungsforscherin, Sabine Beinschab, gefunden worden.

Arbeitete früher bei Karmasin: Sabine Beinschab, ebenfalls Beschuldigte in der Causa Kurz
Sieben Kripo-Beamte kamen mit dem Staatsanwalt zur Ex-Ministerin
War von 2013 bis 2017 Familienministerin: Sophie Karmasin, hier im Bild mit Sebastian Kurz