Einen Shitstorm erntete Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl, als sie am Donnerstag auf Twitter schrieb: “Der Tag für Diplomatie und echte Gespräche wird kommen.” Nun könnte sich ihre Prognose schneller als erwartet erfüllen. Ausgerechnet Den Haag möchte nämlich von den EU-Sanktionen ausgenommen werden. In der niederländischen Stadt hat auch der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen seinen Sitz, vor den man eigentlich Wladimir Putin als beschuldigten Kriegsverbrecher bringen wollte.

Am Donnerstag erklärte die stellvertretende Bürgermeisterin Saskia Bruines, sie werde eine vorübergehende Ausnahme von den EU-Sanktionen gegen Russland beantragen. Sie begründet das mit Schwierigkeiten, rechtzeitig einen Ersatz für einen Vertrag mit dem russischen Gaslieferanten Gazprom zu finden.

Den Haag fand bis 10. Oktober keinen neuen Gaslieferanten

Die von der Europäischen Union nach dem Einmarsch in die Ukraine gegen Russland verhängten Sanktionen verpflichten Regierungen und andere öffentliche Einrichtungen, bestehende Verträge mit russischen Unternehmen bis zum 10. Oktober zu beenden. Für Den Haag bedeutet dies, dass es einen neuen Gaslieferanten finden muss, um seinen bestehenden Vertrag mit Gazprom zu ersetzen. Die Stadt erklärte, sie habe im Juni und Juli eine EU-weite Ausschreibung durchgeführt, aber keine Angebote von potenziellen Lieferanten erhalten. Einzelgespräche mit Lieferanten würden sicher zu einer Einigung führen, erklärte Stadträtin Saskia Bruines laut der Nachrichtenagentur Reuters, allerdings nicht vor dem 10. Oktober.

Mehrere niederländische Gemeinden haben einen Energievertrag mit Gazprom

“Wir werden eine Ausnahmeregelung für unsere derzeitige Vereinbarung bis zum 1. Jänner 2023 beantragen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Verhandlungen zu erleichtern”, erklärte sie. Bruines sagte, sie sei zuversichtlich, dass der Aufschub gewährt werde, da Den Haag die Bedingung erfüllt habe, eine rechtzeitige Ausschreibung durchzuführen, ohne ein positives Ergebnis zu erzielen – bis ein neuer Vertrag existiert, wird auch diese Kommune jetzt bei Wladimir Putin um weitere Gaslieferungen betteln müssen.

Den Haag ist eine von vielen niederländischen Gemeinden, die einen Energievertrag mit Gazprom haben, aber die erste, die angedeutet hat, dass sie eine Ausnahme von den Sanktionen beantragen wird.