In den vergangenen Jahren haben Startups in den USA und Europa dank der Niedrigzinsphase viel Geld von Investoren erhalten. Oftmals wurden Milliarden-Rekordbewertungen erzielt. In Österreich erreichten die Krypto-Plattform Bitpanda und die Online-Nachhilfefirma GoStudent im Vorjahr als erste Startups den Unicorn-Status und wurden im Zuge einer Finanzierungsrunde mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet.

Zumindest bei Bitpanda ist es mit dem Höhenflug nun vorbei. Angesichts trister Geschäftsaussichten hat die Plattform am vergangenen Sonntag angekündigt, die Mitarbeiterzahl von mehr als 1000 auf 730 zu senken.

Längere Durstrecke für Start-ups erwartet

Beobachter rechnen mit einer langen Durststrecke für Startups, die größere Finanzierungsrunden benötigen. Von einem “massiven Einbruch” bei der Wachstumsfinanzierung durch internationale Kapitalgeber berichtet der Gründer des Wiener Frühphasenfinanzierers Speedinvest, Oliver Holle. “Das internationale Kapital ist sehr vorsichtig”, erklärte er am ersten Tag des 4Gamechangers Festival.

“Es wird eine große und schwere Delle geben”, erwartet der Wiener Business Angel Johannes Hansmann. In den kommenden ein bis zwei Jahren sei “kaum mit Börsengängen” von Startups zu rechnen und dies habe Auswirkungen auf kleine bis große Finanzierungsrunden. “Die richtig guten Firmen werden aber auch in der Krise Geld kriegen”, sagte der Investor, der unter anderem an den österreichischen Vorzeige-Startups Runtastic, Shpock und mySugr beteiligt war.

Nicht vergleichbar mit 2000er-Jahren

Hansmann war auch neun Jahre lang Präsident der Austrian Angel Investors Association (aaia), die heuer ihr zehnjähriges Jubiläum feiert. Für den aaia-Präsident Nikolaus Futter ist die im Jahr 2000 geplatzte Dotcom-Blase nicht vergleichbar mit der aktuellen Situation. Die damalige “völlige Überhitzung” und das Platzen der Blase könne man eher mit der aktuellen Situation am Krypto-Markt vergleichen, sagte Futter.

Viele Business Angels würden sich nun darauf fokussieren, bestehende Investments durch die Krise zu steuern. Es gebe aber weiterhin viele, interessante Startups und Investmentmöglichkeiten. Futter appellierte an wohlhabende Österreicher verstärkt in Startups und nicht nur in Immobilien zu investieren. Aufgrund der aktuellen Finanzierungslage sei es für Jungfirmen nun zentral mit dem zuvor eingesammelten Kapital “länger durchkommen”, so die aaia-Geschäftsführerin Laura Egg. “Cash ist king.”

Magnus Brunner, Finanzminister der ÖVP, äußerte sich ebenfalls zum Thema Start-upsAPA

Weitere Themen am 4Gamechangers Festival waren am Dienstag die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, Finanzmärkte und Digitalisierung. Die Coronapandemie habe “die Chancen und Defizite in der Digitalisierung vor Augen geführt”, sagte der für Digitalthemen zuständige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Videobotschaft. Seit der letzten Regierungsumbildung gibt es mit Florian Tursky (ÖVP) nun einen Staatssekretär für Digitalisierung und Breitband, der im Finanzministerium angesiedelt ist. In den nächsten Jahren werde man die digitale Verwaltung und die Breitbandinfrastruktur ausbauen und die digitale Kompetenz der Bevölkerung zu erhöhen, so Brunner.