“Das ist ein gutes Projekt”, sagen Unternehmer, Wiener Stadtpolitiker und auch Journalisten, die seit langem im Fall Chorherr recherchieren, über die “Ithuba School” in Südafrika. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift gegen den Ex-Grünen Christoph Chorherr (61) und neun Unternehmer richtet sich denn auch nicht gegen das Schulprojekt für notleidende Kinder.

Es geht nicht um einen Schulbau, sondern um den Verdacht der Bestechung, der Bestechlichkeit und des Amtsmissbrauchs. Im Prozess, der am Dienstag mit großem Mediengetöse begonnen hat, wird nun zu klären sein, ob sich die Immobilien-Tycoone und millionenschweren Investment-Profis von einer Spende an den Verein der “grauen Flächenwidmungseminenz” gewisse Vorteile erhoffen  – und möglicherweise auch höhere Profite lukrieren – konnten. Mehr Baufläche bringt bekanntlich mehr Profit, ebenso zusätzliche Meter bei der Bauhöhe.

Der grüne Ex-Politiker Christoph Chorherr muss sich seit Dienstag vor Gericht verantworten.

Staatsanwälte wollen "System Chorherr" beweisen

In der Anklageschrift der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird den insgesamt zehn Angeklagten – für alle gilt die Unschuldsvermutung – eine mutmaßliche Beteiligung am sogenannten “System Chorherr” vorgeworfen: Spende für den Charity-Verein, dafür im Gegenzug Wohlwollen bei diversen Widmungswünschen der Immobilienentwickler. Die erfolgten Widmungsänderungen dürften wohl auch viele Anrainer neuer Bauprojekte massiv geschädigt haben, meinen Vertreter von Bürgerinitiativen.

Ob den Staatsanwälten gelingen wird, dieses – hier vereinfacht dargestellte – System mutmaßlicher Korruption zu beweisen, wird sich in den kommenden Wochen im Gerichtssaal zeigen.

Die Liste - auch die Stadt Wien zahlte mit Steuergeld an den Verein Chorherrs

Große Summen für den kleinen Afrika-Verein

Was aber schon jetzt unstrittig in der Anklageschrift der WKStA nachzulesen ist: Die hohen Spendensummen, die von der High-Society des Wiener Immobilien-Biz und der Banker-Szene an den Chorherr-Verein s2arch überwiesen worden sind. Einige Beispiele: 100.000 Euro am 15. November 2011 von René Benkos Signa, 100.000 Euro am 7. Dezember 2012 von einem bekannten Investmentbanker, 50.000 Euro am 30. Juli 2014 von einem Wiener Immobilien-Entwickler, etc . – laut Insidern heimsten Chorherr und sein Verein insgesamt 4,3 Millionen Euro ein.

Dabei fällt auf: Alle Überweisungen der Stadt Wien, also alle Summen, die vom Wiener Steuerzahler an den Verein gingen, hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht aufgelistet. Immerhin sind laut Wiener Stadtrechnungshof von 2008 bis 2018 jährliche Subventionen für Chorherrs Verein von je 50.000 Euro genehmigt worden, also zehn Mal 50.000 Euro. Außerdem sollen noch weitere Sonderprojekte mit hohen Summen aus der Stadtkassa gefördert worden sein – insgesamt mit mehr als 550.000 Euro. Somit hätte allein die Stadt Wien Chorherrs Afrika-Verein schon mit über einer Million Euro mitfinanziert.

Keine Ermittlungen wegen Zahlungen der Stadt Wien

Dass die Wiener Steuerzahler ungefragt einen Schulbau im 8300 Kilometer entfernten Johannesburg mitfinanziert haben, weil ein grüner Gemeinderat dafür die Werbetrommel rührte, interessierte die Staatsanwälte offenbar nicht wirklich – dieses Thema ist aus der Anklageschrift ausgespart worden.

Die Ermittler der WKStA setzen ihren Fokus auf die privaten Spenden: Immerhin sind auch davon insgesamt 1,7 Millionen Euro aufgelistet. Und die Staatsanwaltschaft schreibt über Christoph Chorherr als Entscheidungsträger im verein s2arch: “Zahlungen an den Verein brachten diesem einen wirtschaftlichen Vorteil und erfolgten zu seinen Gunsten.” Der Ex-Grüne hätte “das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB” sowie das “Verbrechen der Bestechlichkeit” § 304 Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall StGB begangen.

Die Liste der Überweisungen in der Anklageschrift
Das Schulprojekt Chorherrs in Südafrika