Während Deutschland die zweite Alarmstufe ausgerufen hat, bleibt Österreich bisher noch auf der ersten, der Frühwarnstufe. Gemäß einem erstmals an die Öffentlichkeit gelangten Hintergrundpapier des Klimaministeriums kann sich das aber schnell ändern, falls nicht mehr genug Gas ins Land kommt, wenn also die Gas-Speicher nicht mehr befüllt werden oder auch die aktuelle Versorgung in Gefahr ist.

Die Lage ist für Österreich schon jetzt ernst

Tatsächlich ist die Lage keineswegs so entspannt, wie der Öffentlichkeit bisher versichert wurde. Eben hat der eXXpress erst aufgedeckt: Die Bundesregierung kann von den 39,5 Terawattstunden (TWh) Gas, die in Österreich eingelagert sind, über nur 7,5 TWh verfügen. Der Rest gehört nicht der Republik.

Das Papier des Ministeriums sieht Folgendes vor:

Erste Alarmstufe: Vorbereiten für den Ernstfall

In der Alarmstufe müssten große Gasverbraucher täglich ihren geplanten Gasbedarf der E-Control melden. Ein eigenes System für die Gasverteilung im Krisenfall (FlexMOL) würde aktiviert. Unternehmen würden aufgefordert, aber nicht verpflichtet, Gas zu sparen oder durch andere Energieträger zu ersetzen.

Äußerste Maßnahmen im Notfall: kompletter Gas-Ausfall

Sollte Russland die Gasversorgung ganz einstellen, würde auf jeden Fall die Notfallstufe, also die höchste der drei Stufen ausgerufen. Und das würde der Regierung weitreichende Kompetenzen mit Eingriffen in den Gasmarkt einräumen. Oberstes Ziel bleibt dann die Versorgung der Haushalte und sozialer Dienste wie Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten mit Gas.

Verbraucher teilen mit, auf wie viel Gas sie verzichten können

In der Notfallstufe werden große Verbraucher verpflichtet, am Handelssystem FlexMOL teilzunehmen. Das heißt, sie würden mitteilen, auf wie viel Gas sie zu welchem Preis verzichten können. Denn das Klimaministerium will versuchen, so lange wie möglich die Zuteilung von Gas nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu ermöglichen.

Energiesparen ist angesagt

Erdgas muss dann jedenfalls durch andere Energieträger ersetzt werden, wo es möglich ist – Schadstoffgrenzwerte, die dies verhindern würden, werden außer Kraft gesetzt. Unternehmen und Haushalte werden zum Energiesparen aufgerufen. Da vermutlich die Gaspreise massiv steigen werden, wird auch mit einem starken Rückgang des Verbrauchs gerechnet. Unternehmen können aber auch mit Staatshilfen rechnen.

Keine Kürzungen bei Unternehmen, die für Abwärme sorgen

Von Kürzungen beim Gas ausgenommen sind Kraftwerke und Unternehmen, die Haushalte mit Abwärme versorgen. Auch haben Unternehmen, die Lebensmittel und andere systemrelevante Güter produzieren, Priorität bei der Gaszuteilung. Firmen, die seit dem 27. April auf eigene Rechnung Gas einlagern, können auf diese Mengen auch im Energielenkungsfall weiter zugreifen. Einzige Ausnahme wäre ein drohender Zusammenbruch des Gasnetzes. Öffentlich so eine Reservebildung angekündigt hat bisher nur die voestalpine.

Gespräche mit 35 Großverbrauchern, die nicht systemkritisch sind

Eingeschränkt würden im ersten Schritt jene 35 Großverbraucher, die nicht systemkritisch sind und jeweils pro Stunde mehr als 50.000 KWh Gas verbrauchen – also drei Mal so viel pro Stunde wie ein durchschnittlicher Haushalt im ganzen Jahr. Diese 35 Unternehmen machen im Sommer die Hälfte des Gasverbrauchs aus. Mit ihnen stehe die E-Control bereits in intensivem Austausch, versichert das Ministerium.

Eventuell müssen sich noch 7500 Unternehmen einschränken

Das Klimaministerium geht davon aus, dass schon mit dieser Maßnahme – bei entsprechend gefüllten Speichern – ein längerfristiger Versorgungsengpass überwunden werden kann. Falls nicht, müssten jene 7500 Unternehmen, die pro Jahr über 400.000 KWh Gas verbrauchen, mit Einschränkungen rechnen. Sie machen zusammen ein Viertel des Sommer-Gasverbrauchs aus.

Haushalte sollen geschont werden

Haushalte werden in allen Szenarien von Gaskürzungen verschont. Das sieht schon EU-Recht vor. Haushalte werden aber zum Gassparen aufgefordert werden, wenn es zu Lieferunterbrechungen kommt. Gemäß den Szenarien des Ministeriums reicht in den allermeisten Fällen eine Einschränkung der Großverbraucher aus.