Vor einer „Brachial-Bürokratie“ in der EU und in Deutschland warnt der renommierte Autor und Journalist Wolfgang Bok. Die bürokratischen Vorgaben beim CO₂-Ausstoß verursachen bereits eine wachsende Deindustrialisierung Deutschlands, weil Energie immer teurer, und nicht CO2-konforme Unternehmen benachteiligt werden.

Bayer, Siemens Energy, Aurubis Volkswagen investieren in den USA

„BASF investiert Milliarden in China. Andere ökonomische Dickschiffe wie Bayer, Siemens Energy, Aurubis, Volkswagen oder Scheffler bauen ihre Standorte in den USA aus oder neu“, beklagt Bok in einem Beitrag für das „Austrian Institute of Economics and Social Philosophy“. „Selbst der Stolz der Deutschen, der Mainzer Impfstoffhersteller BioNTech verlegt Teile der Forschung nach Großbritannien.“ Sogar den wertvollsten Dax-Konzern, die Linde AG, zieht es bereits auf die Insel.

Martin Brudermüller, CEO von BASF: Das Unternehmen investiert zunehmend in China.APA/AFP/Daniel ROLAND

Von den kleineren Stilllegungen erfahre man nur „in der Lokalpresse. Als einer der wenigen benennt der Schweizer Industriekonzern Schweiter offen den Grund, warum er Arbeitsplätze von Deutschland nach Spanien verlegt: Weil die deutsche Energiepolitik nicht mehr verlässlich Gas liefern kann und zu Produktionsausfällen führt.“

Mittelständische Unternehmen erhalten keine Kredite, wenn sie die Stahlindustrie beliefern

Dafür gebe es mehrere Gründe. Die „WirtschaftsWoche“ schreibt dazu: „Mittelständlern werden bereits Kredite verweigert, bloß weil sie auch die Stahlindustrie beliefern. Ihre Banken haben Angst, grüne Punkte zu verlieren. Verfemte Anbieter werden pleitegehen, obwohl ihre Produkte nachgefragt werden. Sie werden dann in Asien produzieren, garantiert nicht nachhaltig.“

Nun drohe der Stahlindustrie der endgültige Todesstoß, meint Wolfgang Bok unter Verweis auf ThyssenKrupp: „Um dessen gesamte Stahlproduktion umzustellen, wären pro Jahr 700.000 Tonnen Wasserstoff notwendig, was wiederum 6,3 Millionen Tonnen Wasser erfordert – und das bei zunehmender Trockenheit. 3600 zusätzliche Windräder neuester Bauart wären erforderlich, um den dafür notwendigen grünen Strom zu liefern. Das ist mehr als das Doppelte, was derzeit an der deutschen Küste in Betrieb (1500) ist.“ Gleichzeitig darf wegen des Fracking-Verbots das eigene Gas unter deutschem Boden nicht gefördert werden.

Hoher Energiepreis auch durch ideologische Energiepolitik verursacht

Die Vervielfachung der Energiepreise sei „nicht allein dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geschuldet“. Darüber hinaus wurden „aus ideologischen Gründen verlässliche Stromlieferanten vom Netz genommen, ohne ausreichend Ersatz zu haben.“ Der Strom aus Sonne und Wind sei nicht nur zu wetterabhängig, „es fehlen auch die Speicher- und Transportmöglichkeiten.“

„Die Ampel-Regierung in Berlin und die EU-Kommission in Brüssel wollen die Dekarbonisierung der Gesellschaft mit der Brechstange durchsetzen. Alles, was CO₂ produziert, soll stillgelegt und verboten werden“, schreibt Bok.

Dass die Deindustrialisierung Europas ein längerer Prozess ist, zeigt ein Blick auf die Industrieproduktion. Die Abwärtstrend begann mit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Der deutliche Anstieg in Deutschland im Februar „kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Niveau der Industrieproduktion immer noch auf dem Stand vor der Finanzkrise von 2007 liegt“, schreibt Holger Zschäpitz, leitender Wirtschaftsredakteur bei „Die Welt“. Ähnliches zeigt sich in Frankreich und Italien.