Am 22. März 2021 hat der EU-Rat die Friedensfazilität beschlossen – außerhalb des regulären EU Budgets. Satte 5,7 Milliarden Euro stehen dafür bis 2027 zu Verfügung, 150 Millionen Euro davon kommen aus Österreich. “Niemand war sich damals bewusst, dass damit Waffenlieferungen an geopolitische Konfliktparteien verbunden sein könnten”, sagt der deutsche Jurist Markus C. Kerber gegenüber dem eXXpress.

Mittlerweile hat die EU zwei Milliarden Euro dafür ausgegeben. Vorgeprescht ist dabei ihr Chefdiplomat Josep Borrell (75).

Händeschütteln mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj.

"Niemand weiß zu welchem Preis welche Waffen gekauft wurden"

Für eine Verteidigungspolitik der EU gibt es im “Vertrag über die Europäische Union” keine Grundlage, unterstreicht Kerber, der Wirtschaftspolitik an der TU Berlin lehrt. “Hinzu kommt, dass niemand weiß – und eventuell sogar wissen darf – von wem, zu welchem Preis, welche Waffen gekauft und an die Ukraine geliefert werden.”

"Borrell und das Brüsseler System sind zum Sicherheitsrisiko geworden"

Nach Ansicht Kerbers ist Borrell und mit ihm das “Brüsseler System” damit schlichtweg zum “Sicherheitsrisiko” geworden. Vor dem 24. Februar, dem Tag der russischen Invasion, habe sich Borrell noch an sämtliche Verhandlungstische gesetzt, “um die behauptete Existenz einer europäischen Sicherheitspolitik zur Geltung zu bringen” – die es aber nicht gibt. Am 27. Februar ganz er einen anderen Weg, als Repräsentant europäischer Sicherheitspolitik aufzutreten: Borrell fasste den Beschluss, der ukrainischen Armee mit europäischen Geldern unter die Arme zu greifen, und schlug dem Rat der EU-Außenminister dafür die Aktivierung der sogenannten Friedensfazilität vor.

Triumphierend erklärte der EU-Chefdiplomat damals zu den Maßnahmen: “Sie zielen darauf, die Lieferung tödlicher Ausrüstung an die heroische ukrainische Armee zu finanzieren, die mit entschlossenem Widerstand gegen die russischen Invasoren kämpft, und sie wird sie mit dringend benötigten, nicht-tödlichen Lieferungen, wie Kraftstoff, ausstatten.”

"Brüssel ist die Stätte eines Komplotts gegen die Völker geworden"

Abseits des regulären EU-Budgets soll mit der Friedensfazililität eine Verteidigungspolitik der EU vorangebracht werden, die in den Verträgen gar nicht vorgesehen ist. Kriege zu führen, ist nämlich einzig und allein Sache von Staaten, wie Kerber unterstreicht. “Nimmt das die EU für sich in Anspruch, verletzt sie offenkundig die Souveränität von Staaten. Wahrscheinlich hat Frankreich nur deshalb nicht protestiert, weil bei den Waffenkäufen die französische Rüstungsindustrie zum Zug gekommen ist. Die Kommission ist ja ein Vorzimmer des französischen Präsidenten Macron geworden.”

In jedem EU-Staat bestünden höchst unterschiedliche Regelungen für Kriegswaffenlieferungen. “Diese übergeht die Kommission ganz einfach, ohne sich gegenüber Wählern für die Folgen rechtfertigen zu müssen. Brüssel ist die Stätte eines Komplotts gegen die Völker geworden.”