Rassismus ist definitiv bis heute ein Problem, Bewegungen wie “Black Lives Matter” untermauern dies, das ist Fakt. Weniger auf Fakten, als auf subjektiven Aussagen beruht eine aktuelle Studie , die jetzt auch in Europa Ungleichheiten in der Behandlung farbiger Menschen im Rahmen von Begegnungen mit der Exekutive aufgedeckt haben will. Besonders Österreich kommt hier offenbar nicht gut weg: Die Erhebung der EU-Grundrechteagentur FRA mit Sitz in Wien will erkannt haben, dass hierzulande vor allem Schwarzafrikaner überproportional oft angehalten werden. Das sagen zumindest die Menschen, die gefragt wurden.

Fast die Hälfte aller von der Polizei angehaltenen Personen in Österreich sind Schwarze

Menschen allein deswegen anzuhalten, weil sie fremdländisch aussehen ist nicht rechtskonform, wie die Wiener FRA festhält. Nicht fest-, aber dafür auffallend oft von der Polizei angehalten werden gewisse Bevölkerungsgruppen in Österreich, so das Institut in der Studie. Konkret geht es hier um Schwarzafrikaner oder Roma, die gemessen am Bevölkerungsanteil, um Vieles häufiger ins Visier der Polizei zu geraten scheinen, als andere.

Die Studie, die über einen zwölfmonatigen Erhebungszeitraum im Jahr 2019 durchgeführt wurde, ergab bereits allgemein eine vergleichsweise hohe Rate an Begegnungen mit der Polizei: So gaben rund 25 Prozent der Befragten in Österreich an, von der Polizei zu Identitätsfestellungen oder Durchsuchungen angehalten worden zu sein. Dieser Prozentsatz ist höher als in allen anderen untersuchten Ländern, nur Estland (24 Prozent) oder Irland (21 Prozent) weisen ähnlich hohe Zahlen auf. Im Rest der EU sind die Raten um einiges niedriger. Zum Vergleich: Das “Schlusslicht” in diesem Aspekt der Studie bildet Spanien, wo lediglich vier Prozent der Befragten von der Polizei angehalten wurden.

Ähnliche Auffälligkeiten nur in Griechenland und Kroatien

Teilt man die aufgehaltenen Personen nach ihrer ethnischen Herkunft auf, so sticht bei den Angehaltenen eine ganz bestimmte ethnischen Minderheit stark heraus: Schwarzafrikaner. Personen, die aus Afrika südlich der Sahara stammen, bilden mit fast der Hälfte der Angehaltenen (49 Prozent) die große Mehrheit. Und das, obwohl diese Bevölkerungsgruppe nur 25 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Menschen türkischer Herkunft werden laut Studie in Österreich mit 22 Prozent etwas weniger häufig an als im europäischen Durchschnitt aufgehalten.

Ein solch auffallendes ethnisches Ungleichgewicht zwischen polizeilichen Anhaltungen fällt sonst nur in Griechenland und Kroatien auf: Dort stehen vor allem Roma im Visier der Beamten. In beiden Ländern werden 33 Prozent der Roma angehalten – gegenübergestellt zu 18 Prozent Bevölkerungsanteil in Griechenland und 19 Prozent in Kroatien.

Eklatante Unterschiede im Europavergleich

Ein Blick auf das Verhältnis von Anhaltungen zu Gesamtbevölkerung im EU-Vergleich zeigt das hierzulande herrschende Ungleichgewicht in Sachen Aufhaltungen bei Schwarzafrikanern nochmal deutlicher auf: In Deutschland entspricht die Rate bei dieser Gruppe ziemlich genau der Gesamtrate, nämlich 16:17 Prozent. In Dänemark und Italien liegt das Verhältnis bei 11:12, in Frankreich 15:17, in Luxemburg bei 15:17, auf Malta bei 5:7 oder Portugal bei 12:16. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich weniger Schwarzafrikaner werden in Schweden angehalten, wo das Verhältnis bei 7:13 liegt.

Die meisten Aufhaltungen passieren im Verkehr

Die meisten Anhaltungen von Personen in Österreich passieren laut FRA-Studie, wenn man sich in einem Fahrzeug oder auf dem Fahrrad befindet (87 Prozent). Hier werden Schwarzafrikaner interessanterweise im nur in fünf Prozent der Fälle von der Polizei gestoppt, so die Studienautoren. Viel öfter würden Schwarze angehalten, wenn sie sich zu Fuß im öffentlichen Raum bewegen (72 Prozent). Diese Unverhältlnismäßigkeit sei auch in anderen Ländern zu beobachten, allerdings nicht ganz so stark ausgeprägt, so die Wiener Studienautoren.

Eklatante Unterschiede im Europavergleich

Und wie gehen die Beamten mit den angehaltenen Personen um? Auch das wollten die Studienautoren der FRA wissen. Auf diese Frage gab mit rund 76 Prozent die überwältigende Mehrheit der Studienteilnehmer unabhängig von ihrer Hautfarbe an, dass sich die österreichischen Beamten ihnen gegenüber respektvoll verhalten haben. Nur acht Prozent fanden das Verhalten der Beamten “respektlos” und 16 Prozent schätzten den Umgang weder als besonders negativ noch positiv ein.

Aber auch hier findet die Studie einen großen Unterschied, wenn man nur die aus Afrika stammende Bevölkerungsgruppe herausnimmt: Hier wurde nur mit 28 Prozent “respektvoll” umgegangen, einen “respektlosen” Umgang haben dafür 29 Prozent erfahren. 42 Prozent der Schwarzafrikaner geben im Umgang an, weder auffallend respektvoll noch besonders respektlos behandelt worden zu sein.

Jüngere geraten öfter ins Visier der Polizei

Ein weiteres Ungleichgewicht, dass sich aber über den gesamten EU-Schnitt zieht, ist, dass jüngere Menschen öfter aufgehalten werden als ältere. Zu anhaltenden kommt es demnach durchschnittlich 21 Prozent der 16- bis 29-Jährigen, und dann kontinuierlich mit steigendem Alter zu immer weniger. Über-65-Jährige Personen bilden mit sechs Prozent die für die Polizei am wenigsten “interessante” Gruppe. Und auch beim Geschlecht gibt es Unterschiede bei Polizeianhaltungen: Im Europa-Durschnitt werden mit 18 Prozent der Männer fast doppelt so viele männliche Personen angehalten, wie Frauen: Hier sind es nur zehn Prozent.