Afghanistan könnte einem ranghohen Taliban-Vertreter zufolge ähnlich wie bei der vorherigen Herrschaft der militanten Islamisten künftig von einem Führungsrat regiert werden. Das letzte Wort werde wahrscheinlich weiterhin Taliban-Chef Mullah Haibatullah Akhundzada als geistliches und politisches Oberhaupt haben, sagte Wahidullah Hashimi, der in die Entscheidungsprozesse der radikal-islamischen Bewegung eingebunden ist. Es werde keine Demokratie sein.

Es wird Respekt vor den Rechten der Frau geben – Zusatz: "im Rahmen des Islam"

Akhundzada werde womöglich die Position des Ratschefs einem seiner drei Stellvertreter überlassen, die der eines Staatspräsidenten ähneln dürfte. Die von Hashimi skizzierte Machtstruktur ähnelt der Herrschaft der Taliban zwischen 1996 und Ende 2001. Damals hielt sich Oberhaupt Mullah Omar im Hintergrund und überließ die alltäglichen Regierungsgeschäfte einem Rat.

Am Dienstag hatte Taliban-Sprecher Sabihullah Mujahid gesagt, die Rechte von Frauen würden respektiert, sie dürften arbeiten, studieren und aktiv an der Gesellschaft teilnehmen – allerdings: “im Rahmen des Islam”. Was das konkret bedeuten wird, lassen Hashimis Worte ebenfalls zumindest erahnen: Nicht Frauen selbst werden entscheiden, was sie dürfen, das tut eine Gruppe von Männern für sie. Ein Rat islamischer Gelehrter wird alles festlegen: Arbeit und Bildung für Frauen, ob Mädchen zur Schule gehen dürfen, wie sich Frauen zu kleiden haben.

Taliban-Kommandant: "Eine Demokratie bedeutet, dass eine muslimische Person frei ist"

Auch sämtliche Berichte und Video-Aufnahmen aus von Taliban beherrschten Gebieten belegen: Mittelalterliche Strafen und Unterdrückung der Frau sind nach wie vor gang und gäbe. Nichts deutet daraufhin, dass die Taliban nach 20 Jahren andere Menschen sind. Einen Einblick konnte bereits im Juli ein Reporterteam von VICE gewinnen. Es filmte in Gebieten westlich von Kabul, wo schon damals die Taliban herrschten und ihren Kampf koordinierten. In einem Interview begründet ein hoher Taliban-Kommandant seinen Kampf mit seines Ablehnung des von den USA auferlegten Systems. Auf seine Einstellung zur Demokratie angesprochen, erklärt er: “Was eine Demokratie wirklich bedeutet, ist, dass eine islamische, muslimische Person frei ist”.

Und er ergänzt: “Die Rechte müssen innerhalb des islamischen Rahmens erlassen werden, damit sie nicht mit dem Islam und dem Koran kollidieren. Die Rechte, die der Islam einer Frau zugesteht, sind nicht so, wie es die Westler durchsetzen wollen.” Allerdings seien es nicht die Taliban, die nun die Rechte der Frauen beschränken: “Unsere Frauen, unsere Schwestern, Mütter und Töchter fühlen sich unwohl, wenn sie in Schulen gehen.”