Der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler ist “überwältigt”, wie er in einer Aussendung unterstreicht. “Wir haben über Nacht eine Kampagne gestartet, ohne Geld, ohne Apparat, ohne Zugang zu den Mitgliederdaten – und wir haben aus dem Stand knapp rund ein Drittel der Stimmen geholt!” Bablers Basisbewegung habe in nur wenigen Wochen gezeigt, wie man die Sozialdemokratie wieder stark machen kann.

Nun habe man “ein Ergebnis der ersten Runde, aber wir haben noch keine Entscheidung.” Damit widerspricht er offen Hans Peter Doskozil, der sich bereits als Sieger sieht. “Wir haben drei Kandidaten mit jeweils rund einem Drittel der Stimmen. Deshalb müssen wir unbedingt in eine Stichwahl gehen. Daran führt kein Weg vorbei – das ist die Bedingung für die Einigkeit”, erklärt Babler am Rande seiner Wahlfeier vor über 300 Menschen.

ÖVP und FPÖ rechnen mit anhaltendem Chaos

ÖVP und FPÖ prophezeien weitere “Chaostage” bei den Sozialdemokraten. Das erklärten der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz und sein türkises Pendant, Christian Stocker, einhellig.

FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz denkt nicht, dass das Gezerre mit dem Sonderparteitag aufhören wird.

Die Führungsdiskussion sei nicht beendet, sondern gehe jetzt erst richtig los, erklärte Schnedlitz. Bei den “tiefen Gräben” sei nicht auszuschließen, “dass das Gezerre auch nach dem Sonderparteitag noch weiter gehen wird.” Zudem gab Schnedlitz zu bedenken, dass der Erstplatzierte nicht einmal von 35 Prozent der SPÖ-Mitglieder unterstützt wurde.

Ähnlich der Befund von Stocker: “Die Mitgliederbefragung hat die interne Zerrissenheit und Gespaltenheit der SPÖ zum Vorschein gebracht.” Eine einst staatstragende Partei habe sich fragmentiert. Auch Stocker glaubt, dass die “Nabelschau der SPÖ” weiter gehen werde.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker ortet eine innere Zerrissenheit der SPÖ.APA/GEORG HOCHMUTH

Offener Widerspruch zwischen Vorarlberg und Oberösterreich

Für den Salzburger SPÖ-Chef und Doskozil-Vertrauten David Egger sollten mit dem Sieg von Hans Peter Doskozil alle Diskussionen um den Bundesparteivorsitz beendet sein: “Das Ergebnis steht fest und das Ergebnis pickt”, sagte er Montagabend. Anders sieht das die Vorarlberger Parteichefin Gabi Sprickler-Falschlunger, die beim Bundesparteitag für Andreas Babler stimmen möchte. Laut Sprickler-Falschlunger wird sich Pamela Rendi-Wagner aus der Politik zurückziehen.

Der Salzburger SPÖ-Parteichef David Egger stellt sich demonstrativ hinter Doskozil.APA/FRANZ NEUMAYR

“Ich gehe davon aus, dass die Delegierten zum außerordentlichen Bundesparteitag am 3. Juni dem Ergebnis der Mitgliederbefragung folgen werden”, sagte Egger. Zugleich gelte es jetzt, alle Strömungen innerhalb der Sozialdemokratie hinter dem burgenländischen Landeshauptmann zu vereinen. “Ich bin überzeugt, dass Hans Peter Doskozil die Qualität dazu besitzt.” Er selbst werde mit gutem Beispiel vorangehen und an die eigenen Reihen appellieren, das Ergebnis zu akzeptieren. Egger gilt als Unterstützer des Burgenländers, hielt im Salzburger Landtagswahlkampf jedoch mit Sympathiebekundungen für einen der drei Bewerber zurück. Heute betonte er: “Ich bin ein Freund der Politik von Hans Peter Doskozil und ich bin überzeugt, dass er seine Politik auf Bundesebene erfolgreich weiterführen kann und die SPÖ zu neuer Stärke führt.”

Sprickler-Falschlunger nahm das Abstimmungsergebnis der Mitgliederbefragung “zur Kenntnis”. Sie hätte sich ein klareres Ergebnis gewünscht. Beim außerordentlichen Parteitag werde sie Andreas Babler wählen, “weil es so knapp ist”. Hätte Doskozil die Mitgliederabstimmung klar für sich entschieden, hätte er beim Parteitag auch ihre Stimme erhalten. Für Rendi-Wagner – Sprickler-Falschlungers Favoritin – tat es der Vorarlberger SPÖ-Chefin “unendlich leid”.

Gabriele Sprickler-Falschlunger hatte sich zuvor für Rendi-Wagner ausgesprochen.APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Steirischer, niederösterreichischer und oberösterreichischer Parteichef hinter Doskozil

Der steirische SPÖ-Landesparteichef und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang gratulierte nach dem Ergebnis der Mitgliederbefragung Doskozil zum ersten Platz. Beim kommenden Bundesparteitag werde er ihn unterstützen. Lang mahnte auch zur Einigkeit: “Jeder innerhalb der Sozialdemokratie ist nun aufgerufen, das Ergebnis unserer Mitglieder zu akzeptieren und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ich habe schon zu Beginn der Befragung gesagt, dass der Ausgang für mich bindend ist. Dies hat selbstverständlich nach wie vor Gültigkeit.”

Ebenso sehen  das auch der designierte SPÖ-NÖ-Landesparteivorsitzende Sven Hergovich und Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander. Das Ergebnis sei der klare Auftrag, auf dem Bundesparteitag “den stimmenstärksten Kandidaten Hans Peter Doskozil zum neuen Vorsitzenden der SPÖ zu wählen”. Für den oberösterreichischen Landesparteivorsitzenden Michael Lindner, der für Doskozil votiert hatte, ist das Ergebnis der Mitgliederbefragung ebenfalls bindend, ungeachtet dessen wie knapp es ist.

Sven Hergovich, Landesparteichef der SPÖ Niederösterreich, sieht einen klaren Auftrag für Doskozil.APA/HELMUT FOHRINGER

Unklare Signale aus Wien, Tirol und Kärnten

Vage blieb indes Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der als Unterstützer von Rendi-Wagner aufgetreten war. Er meinte, das Ergebnis der Mitgliederbefragung sei “selbstverständlich zu respektieren”. Weitere Details sollen am Dienstag im Bundesparteivorstand diskutiert und festgelegt werden.

Keine “öffentliche Wahlempfehlung” wollte auch Tirols SPÖ-Chef Dornauer abgeben. Er hatte sich bisher zu keinem der drei Kandidaten bekannt. Dornauer betonte, dass die “Entscheidung über den Parteivorsitz nun vom formal zuständigen Gremium, dem Bundesparteitag, getroffen werden” müsse. “Nicht nur angesichts des knappen Ergebnisses gilt es nun abzuwarten, wer dort für den Vorsitz kandidiert”.

Georg Dornauer (SPÖ) war eigentlich dem Doskozil-Lager zugerechnet worden. Nun hält er sich bedeckt.APA/EXPA/JOHANN GRODER

Dass “endlich innerparteiliche Ruhe und Besonnenheit” einkehrt, wünschte sich am Montagabend der Kärntner Landesparteichef und stellvertretende Bundesparteivorsitzende Peter Kaiser: “Es wird auch an allen drei Persönlichkeiten liegen, gemeinsam entstandene Gräben zuzuschütten, und die SPÖ als geeinte Kraft zu neuer Stärke zu führen.”