Es war nur eine Frage der Zeit – und auch eine Frage, ob Kiew eine weitere Eskalation riskieren will: Offenbar durch eine Explosion wurden in der Nacht auf heute große Teile der bekannten Krim-Brücke zerstört, dabei wurde auch ein Zug getroffen, der zu diesem Zeitpunkt auf der 18,1 Kilometer langen Stahlbeton-Konstruktion unterwegs war.

Die Bilder sind dramatisch: Augenzeugen filmen meterhohe Flammenwände über der für Russlands Nachschub wichtigen Eisenbahn-Strecke, daneben sind ganze Abschnitte der Straßenverbindung weggebrochen. Wievielen Menschen dieser Angriff das Leben gekostet hat, ist noch unklar. Aktuell brennt der Zug noch immer, Rettungskräfte sind auf dem Weg.

Die russischen Behörden sprechen von einem “Anschlag mit einer Autobombe”, angeblich von einem Selbstmordattentäter durchgeführt. Ob eine derartige Bombe oberflächlich gezündet tatsächlich Stahlbeton-Brückenteile auf mindestens 50 Metern Länge zum Einsturz bringen kann, ist fraglich.

Vermutlich waren es Treffer ukrainischer Raketen: Der brennende Zug auf der Krim-Brücke.
Das Inferno auf der Krim-Brücke: Links vom brennenden Zug sind die eingestürzten Brückenteile zu sehen.

Wie reagiert nun Moskau?

Mit einem Anschlag auf die weit ab von der Front im Donbass verlaufenden Brücke riskiert die Regierung in Kiew eine ebenso heftige Gegenreaktion aus Moskau – erst kürzlich hat Wladimir Putin in seiner Rede im Kreml betont, dass es für Angriffe auf russisches Staatsgebiet sofortige Vergeltungsaktionen geben wird.

Mit diesem spektakulären Angriff auf eine der Hauptnachschub-Routen der russischen Armee könnte es dem ukrainischen Präsidenten auch gelingen, seinen irritierenden Sager über NATO-Präventivangriffe auf Russland aus den Medien zu verdrängen. Diese Forderung nach einer extremen Eskalation des Konflikts – bis hin zu möglichen Nuklearwaffen-Einsätzen – hat Wolodymyr Selenskyj auch bei seinen bisherigen Unterstützern viel Kritik eingebracht.

Die Autobahnbrücke ist 16.857,28 m lang. Ihre durch Leitplanken getrennten Richtungsfahrbahnen haben je zwei Fahrspuren und einen schmalen Pannenstreifen. Jede Richtungsfahrbahn hat einen konstruktiv getrennten Überbau. Die Eisenbahnbrücke ist 18.118,05 m lang. Die Gleise liegen auf Schotterbetten und je einem Überbau aus stählernen, zweizelligen Hohlkästen mit orthotropen Platten. Die Brücken stehen auf 595 Pfeilern in Pfeilerachsabständen von 54 bis 64 Metern, die auf 7000 Pfählen gegründet wurden. Die beiden stählernen Stabbogenbrücken wurden nahe der Brücke an Land gefertigt und anschließend mit Pontons zur Einbaustelle gebracht.

Der gesamte Bau der im Mai 2018 eröffneten Brücke dürfte mehr als drei Milliarden Euro gekostet haben.

Auf der 18,1 Kilometer langen Verbindung verläuft eine der wichtigsten russischen Nachschubrouten.
Die Krim-Brücke über die Kertsch-Straße im Schwarzen Meer.
Hier gut zu sehen: Teile der Straßenverbindung sind bereits eingestürzt.