Der Ukraine-Krieg hat in der Nacht auf Freitag eine neue Eskalationsstufe erreicht, nachdem inmitten von heftigen Kämpfen das größte europäische Atomkraftwerk überhaupt in Saporischschja unter Beschuss durch russisches Feuer geriet. Ein Block des AKW ging in Flammen auf, für eine Weile war weder klar, ob es sich bei dem brennenden Teil um den Reaktor handelte, noch war es der Feuerwehr möglich, die Flammen zu löschen – die Kämpfe tobten zu wild. Der Brand konnte in den frühen Morgenstunden schließlich gelöscht werden, doch das AKW geriet in russische Hand – und der Schock über diesen Schlag sitzt tief.

Auch wenn Experten klarstellten, dass aktuell keine nukleare Gefahr von Saporischschja ausgehe, ist klar: Das war knapp. Und Putins Aggressionen haben eine neue Eskalationsstufe erreicht, die die Welt und die NATO in höchste Alarmbereitschaft versetzen. Die Frage stellt sich: Wie lange kann hier noch zugesehen werden?

Am Freitagvormittag gab nun der erste Politiker eine neue Antwort auf diese Frage. Vertraten bislang alle Entscheidungsträger klar die Meinung, dass sich die NATO aus dem Ukraine-Krieg heraushalte, ist einer sich nicht mehr ganz so sicher. Der deutsche CDU-Chef Friedrich Merz (66) schließt nach dem AKW-Angriff eine direkte Verwicklung der Nato in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mehr aus – gesetzt den Fall, das Putin noch weiter gehen sollte.

Während Russland jegliche Absicht, den Atomreaktor zu treffen bestreitet und “ukrainische Saboteure” für den Beschuss des AKW verantwortlich macht, geht Merz davon aus, dass in Regierungen, EU und NATO über dieses Szenario – eine noch heftigere Eskalation von Putins Angriffs-Strategie – bereits intensiv nachgedacht werde: “Die Angriffe und die Art und Weise, wie dieser Krieg geführt wird, nehmen Formen an, die zum Nachdenken zwingen.” Vor diesem Hintergrund halte er auch die Entscheidung für richtig, der Ukraine mit Waffen zu helfen.

NATO: "Wenn der Konflikt zu uns kommt, dann sind wir bereit"

Bislang standen beim transatlantischen Bündnis alle Zeichen auf Defensive: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) und US-Außenminister Antony Blinken (59) betonten einmal mehr, die transatlantische Allianz sei rein defensiv ausgerichtet und stelle an sich keine Gefahr für Russland dar. “Wir suchen keinen Konflikt”, sagt Blinken vor Beratungen der NATO-Außenminister in Brüssel. “Aber wenn der Konflikt zu uns kommt, dann sind wir bereit.”