39 Tage dauert der Krieg in der Ukraine bereits an – 1,5 Monate des permanenten Bombardements, unfassbaren Leids, der Zerstörung und des imminenten Todes und eines einzigen Auswegs für Millionen von Ukrainern: Flucht. Mehr als 10 Millionen Menschen sind bereitsaus der Ukraine geflüchtet, und es werden täglich mehr. Während Polen aktuell nach wie vor die meisten ukrainischen Flüchtlinge aufgenommen hat, empfangen auch unzählige andere Länder die Geflüchteten aus der Ukraine – zumeist Frauen und Kinder – mit offenen Armen.

Wohltätigkeitsorganisationen wie auch Privatpersonen engagieren sich, sammeln Geld- und Sachspenden, organisieren und geben Obdach – teils nehmen Privatpersonen Flüchtlinge auch bei sich zuhause auf – doch das bleibt nicht immer ohne Herausforderungen. Flüchtlinge, die aus einem anderen Kulturkreis stammen, ad hoc und auf unbestimmte Zeit aufzunehmen, Sprachbarrieren zu überwinden und sich neben all den kleinen und großen Herausforderungen zwischenmenschlicher wie finanzieller Natur auch dem massiven Trauma zu stellen, das die Kriegsflüchtlinge unweigerlich mit im Gepäck haben, ist keine leichte Aufgabe. Das merken jetzt auch unsere Nachbarn in der Schweiz.

Unzählige Schweizer haben es sich laut Angaben des Vereins Campax nämlich wieder anders überlegt und wollen nun keine Flüchtlinge mehr bei sich aufnehmen.  Derzeit befinden sich etwa 22.000 ukrainische Flüchtlinge in der Schweiz, jeden Tag kommen 1000 mehr ins Land. Ihnen schwappte eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegen: Beim Verein Campax allein erklärten sich 30.000 Gastgeber dazu bereit, Geflüchtete bei sich aufzunehmen. Doch wie Campax nun verriet, haben bereits 1800 Gastgeber ihr Wohnungsangebot wieder zurückgezogen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Das Zusammenleben hätten sich viele Helfer wohl einfacher vorgestellt, erklärt Campax-Vertreter Christian Messikommer im Schweizer Sendeformat “20 Minuten”: “Die Solidarität ist nach wie vor ungebrochen, aber wenn die Realität einsetzt, wird es vielen unwohl”.

Sprachbarrieren, unterschiedliche Lebensstile und Tagesrhythmen oder Essensgewohnheiten sowie fehlende Privatsphäre sind nur einige Beispiele für Reibungen, die nun nach einigen Tagen und Wochen des Zusammenlebens auftauchen oder weiterhin bestehen. Von der großen finanziellen Belastung ganz zu schweigen: Auf lange Zeit für mehrere Personen im Haushalt Essen zu kaufen kann die Geldbörse schwer belasten.

Probleme tauchen aber auf beiden Seiten auf, wie im “20 Minuten”-Bericht erläutert wird. Doch was, wenn Gastgeber oder die Flüchtlinge nicht mehr zusammenleben möchten? Auch hier werden in der Schweiz Lösungen gesucht und gefunden: Die Geflüchteten werden in diesem Fall in einer kantonalen Vorrichtung untergebracht, wo sich die Mehrheit der 22.000 ukrainischen Flüchtlinge sowieso bereits befinden. Nur rund 5000 Personen aus der Ukraine kommen in der Schweiz derzeit in privaten Häusern oder Wohnungen unter.