Die Wiener Gastronomie befindet sich in der Krise. Immer mehr der 8509 Betriebe sind von der Schließung bedroht oder haben bereits aufgegeben. “Ein Anstieg der Betriebsschließungen ist bereits zu bemerken. Durch die hohe Dichte an Betrieben in Wien ist das für den einzelnen Gast aber nur dann zu bemerken, wenn plötzlich der Stammwirt schließt” sagt der Wiener Gastro-Obmann Peter Dobcak im Interview mit dem eXXpress. “Alles in allem ist es eine sehr angespannte Situation mit einer anstehenden Zäsur der Branche, wie wir sie schon lange nicht mehr erlebt haben.”

Viele Gastronomiebetriebe könnten einfach nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Dies liegt laut Dobcak unter anderem an den gestiegenen Einkaufspreisen der Waren, die sich zum Teil verdoppelt haben. Ob ein Betrieb überlebt, liege mittlerweile hauptsächlich an der Kaufkraft der Kundschaft.

Die Konditorei Oberlaa auf der Mariahilferstraße musste wegen Personalmangel zehn Tage den gesamten Gastro-Bereich schließen.

"Wiener waren bisher verwöhnt"

Besonders stark betroffen von Schließungen sind laut Dobcak Betriebe mit einkommensschwachen Gästen. “Betriebe, die einkommensschwächere Gäste als ihre Klientel haben, sind enorm unter Druck, da diese Gäste ihre Besuche massiv einschränken beziehungsweise sich die Konsumation vor Ort deutlich verringert.”

Die Gastronomen würden zwischen zwei Stühlen sitzen. “Uns ist bewusst, dass sich unsere Gäste erst an gestiegene Preise gewöhnen müssen und manchmal dafür wenig Verständnis zeigen. Vor allem, weil besonders der Wiener Gast in den vergangenen Jahrzehnten durch ein im internationalen Vergleich sehr günstiges Preis/Leistungsverhältnis verwöhnt war. Andererseits haben wir unsere Betriebe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu führen und müssen die Preise einfach erhöhen. Den richtigen Punkt zu finden zwischen zumutbarer Preiserhöhung und betriebswirtschaftlich tragbarer Kalkulation ist für die Kollegen eine heikle Herausforderung, denn ginge es rein nach der Kalkulation, müssten die Preise sofort um mindestens 30% steigen.”

Personalmangel ist größtes Problem der Branche

Das größte Problem der Gastronomie sei jedoch der Personalmangel. Er habe auch die deutlichsten Auswirkungen. “Gibt es zu wenig Mitarbeiter, ist der Betrieb in seiner Ertragskraft schwer beeinträchtigt.” Viele Mitarbeiter würden mittlerweile Gehälter verlangen, die nicht bezahlbar seien.

“Dies führt natürlich zu deutlich weniger Umsatz, was wiederum die Ertragskraft beschränkt. So sind die Betriebe nicht imstande, die während der Krise aufgenommenen Überbrückungskredite zu bedienen, was die Abhängigkeit von den Banken noch mehr erhöht. Um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, sind die verbleibenden Mitarbeiter noch mehr gefordert und im Einsatz, was über kurz oder lang dazu führt, dass auch diese womöglich den Betrieb oder gleich die Branche verlassen.” Man müsse die Branche attraktiver für junge Arbeitskräfte gestalten, so Dobcak. “Dies muss und wird über monetäre Motivation hinausgehen”.

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