Der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, geht davon aus, dass Mitte des Jahres die Preise bei Strom und Gas zurück gehen werden. Einen Rückgang auf das Vor-Krisen-Niveau werde es aber nicht mehr geben. Zumindest aber werde der Konsument keine “Spitzenausschläge bei den Preisen” mehr erleben müssen, meinte er Mittwochabend rückblickend in der “ZiB2”. Dass es bei den Energierechnungen für die Konsumenten mancherorts Transparenzprobleme gibt, bestätigte er.

"Kein Risiko für Blackout"

Eine positive Prognose vermeldete Vorstands-Partner Alfons Haberer: In den kommenden Monaten müsse man sich in Österreich keine Sorgen machen, dass es zu wenig Gas oder Strom geben könnte. Auch die Angst vor einem Blackout, also einem unerwarteten Ausfall größerer Teile des europäischen Stromnetzes, ist unbegründet, sagte er am Mittwoch. Das Risiko dafür sei in den letzten Jahren auch nicht gestiegen. Aktuell angebotene Gastarife seien zum Teil schon günstiger als Bestandstarife, beim Strom sei es noch nicht ganz so weit. 2022 sei zwar mehr Strom nach Österreich importiert worden, es habe aber zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Unterdeckung des österreichischen Strombedarfs gegeben, sagte Haber im Gespräch mit der APA. “Auch für die nächsten Monate gibt es kein unmittelbares Risiko einer Unterdeckung bei Strom oder Gas.”

Die EU habe Gasspeicher-Kapazitäten von etwa 1100 Terawatt-Stunden und verbrauche im Jahr etwa 3600 TWh, erklärte Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der E-Control. “Österreich hatte zu Beginn des Winters tatsächlich von österreichischen Unternehmen und strategischer Reserve eingespeichert rund 46 TWh. Das ist in Österreich etwa 50 Prozent unseres Jahresverbrauchs. Etwa 70 Prozent des Gases werden im Winter verbraucht”, so Mayer. “Da muss schon dramatisch viel passieren, dass das eng werden kann.”

"Wenn sich das durchsetzt, ist es schwieriger, auf Marktentwicklungen zu reagieren"

Zum Urteil des Handelsgerichts Wien, das die Preiserhöhung des teilstaatlichen Stromkonzerns Verbund vom Mai 2022 gekippt hat, meinte Urbantschitsch, dass dies “überraschend” und “sehr weitreichend” gewesen sei. Es sei aber ein Urteil in erster Instanz, nun gelte es die Berufung des Verbund-Konzerns abzuwarten.

Es gebe jedenfalls ein öffentliches Interesse an geringen Energiepreisen, aber es gehe auch um des Wohl der Unternehmen. Man dürfe nicht vergessen, dass viele Stromunternehmen vielfach im Mehrheitseigentum der öffentlichen Hand stehen, und laut Gesellschaftsrecht alle Eigentümer gleich behandelt werden müssten. “Es gilt auch das öffentliche Interesse, aber letztlich geht es natürlich immer auch darum, dass man zum Wohle der Gesellschaft agiert”, meinte der Chef der staatlichen Regulierungsbehörde.

Für die Kunden hieße das Urteil des Handelsgerichts jedenfalls: “Man kann jetzt einmal zuwarten, weil wenn diese Preisänderung unwirksam geworden ist, bekommen die  Kunden ihr Geld zurück.” Grundsätzlich gelte aber: Wenn sich die Rechtsansicht (des Handelsgerichts) durchsetzt, werde es für Unternehmen erheblich schwieriger auf Marktentwicklungen zu reagieren, sobald sie ihre Preise ändern wollen, so Urbantschitsch, der auch befürchtet, dass sich Stromanbieter ganz aus dem Endkundenmarkt zurückziehen könnten – das wäre nachteilig für den Wettbewerb.

Vor einer Woche hat das Handelsgericht Wien die Preiserhöhung des Stromkonzerns Verbund vom Mai 2022 gekippt. Die Klausel zur Anpassung der Strom-Arbeitspreises sei überraschend und nachteilig für die Kunden, so der Verein für Konsumenteninformation (VKI) nach dem Urteil. Er hatte im Auftrag des Sozialministeriums geklagt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Verbund hat bereits Rechtsmittel angekündigt.